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Wut mit Konzept

betr.: „Wut ohne Konzept“, taz vom 15. 6. 01

Sehr geehrter Herr Professor, die so genannten Globalisierungsgegner habe sehr wohl konkrete Forderungen. Um nur einige zu nennen: Entschuldung der ärmsten Länder, sozial- und umweltpolitische Mindeststandards, Kontrolle der Finanzmärkte. Dagegen ist Ihre Technikgläubigkeit doch nur eine wieder belebte Leiche aus den 60er-Jahren. Wie viele technische Revolutionen, welche Produktivitätsfortschritte wurden in den letzten, sagen wir zwanzig, Jahren gemacht? Wie stark ist das nominelle Sozialprodukt in dieser Zeit gestiegen? Und was bitte ist davon bei der normalen arbeitenden, gar nicht zu reden von der arbeitslosen, Bevölkerung angekommen?

Wenn Sie in den USA mit Obdachlosen und Arbeitslosen arbeiten, dann muss Ihnen doch aufgefallen sein, dass in all den vergangenen Jahren des nicht enden wollenden Booms der US-Ökonomie, in denen die USA einsam an der Spitze des technologischen und sonstigen „Fortschritts“ vor sich hingaloppierten und Japaner und Europäer vor Neid erblassen ließen, die Zahl der Armen in Ihrem Lande massiv angestiegen ist.

Die einfache Formel: Technologie- und Produktivitätsfortschritt nützt im Endeffekt allen, stimmt schon lange nicht mehr. Am allerseltsamsten erscheint mir, dass dieser offenkundige Widerspruch, dass vom Technologie- und Produktivitätsfortschritt praktisch nichts unten, oder auch nur in der Mitte, ankommt, bei der versammelten globalen Professorenschaft noch nicht mal als Fragestellung angekommen ist. Wie kann man also von „Globalisierungsgegnern“ Antworten auf Fragen erwarten, von denen man selber noch nicht mal verstanden hat, dass es überhaupt Fragen sind? RAINER WAGENER, Heidelberg

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