: Frenetischer Applaus für intelligenten Blödsinn
Mit dem Moderatoren-Duo Wieprecht und Skupin suchten und fanden die Gäste des taz-Sommer-Salons den Mörder von Klaus Rüdiger L.
Die Gäste des „Club der Visionäre“ am Landwehrkanal in Treptow dachten am Sonntagabend wahrscheinlich, sie hätten tatsächlich mal eine Vision: Am anderen Ufer, auf den Stegen des Freischwimmers, standen rund 300 taz-Leser in orthopädisch fragwürdiger Haltung, nämlich nach vorne gebeugt, die Hände in den Hüften, den Kopf gesenkt. Kein intelligenter Anblick, dabei sind taz-Leser bekanntlich gebildete Menschen. Sie alle starrten aufs Wasser und suchten nach Spuren des Mörders von Klaus Rüdiger L.
Die Besucher des ersten taz-Sommer-Salons gaben alles, um Kommissar Klump alias Robert Skupin und dem Erzähler des Krimis, Volker Wieprecht, auf die Sprünge zu helfen. Das Moderatoren-Duo quatschte bei dem Live-Experiment jede Menge intelligenten Blödsinns. Im Taucheranzug saß Erzähler Wieprecht auf einem schwimmenden Steg vor den Zuschauern und rätselte über den tragischen Tod des Klaus Rüdiger L., der aufgebahrt hinter ihm lag. „Der Mörder muss Klaus L. beim Tauchen den Schnorchel zugehalten haben“, vermutete Kommissar Klump, der in einem Ruderboot herbeieilte und bei den Ermittlungen fast ins Wasser fiel.
Das Publikum würdigte alles mit „frenetischem Applaus“. Den musste Wieprecht per Regieanweisung zwar erst einfordern, doch die aufgeweckten jungen Leute begriffen gleich, worum es ging und machten alles bereitwillig mit. Als hätten sie den ganzen Abend nur darauf gewartet, zu Madonnas „Music“ die Hüften zu schwenken, Schiller zu rezitieren und mit Kommissar Klump, Rod Stewart und erhobenen Feuerzeugen in Erinnerungen zu schwelgen. Tatsächlich blieb den Gästen vor dem Krimi genug Zeit, bei Open-Air-Chillin’ und Musik von DJ Bird für das Spektakel Kräfte zu sammeln und außerdem die taz dreimal hoch- und runterzulesen.
Die Radio-Eins-Moderatoren zeigten, dass sie beinahe ins Wasser, aber nicht auf den Mund gefallen sind. Als sich ihr schwimmender Steg vom Seil losriss, improvisierten sie locker um den Text von Richard Fasten herum. Trotz einiger Schlenker kam der Kommissar dem Verbrechen dann langsam auf die Spur. Er entdeckte Öl im Wasser und schloss daraus folgerichtig, dass der Mörder wohl Durst hatte. Er musste sich also unter den Gästen befinden – oh Schreck. Wegen Schnorchelabdrücken an den Handflächen überführte Hilfssheriff Hardy aus dem Publikum tatsächlich die Mörderin. Dann erst stellte Wieprecht die entscheidende Frage: „Finden wir schlimm, dass Klaus Rüdiger L. ermordet wurde?“ „Nein“, riefen alle taz-Leser im Chor. Und so wurde die Täterin in allseitigem Einvernehmen zum Abschluss des kriminellen Spektakels begnadet. ANTJE LANG-LENDORFF
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