: Zur Toleranz erzogen
betr.: „Schwert und Schild der Partei“ (taz-Serie: „Die Aktivisten“), taz vom 12. 7. 01
Sehr geehrter Herr Gessler, ich habe es sehr bedauert, dass Sie den vollen Wortlaut des Interviews nicht gebracht haben, das dadurch ziemlich einseitig geraten ist. Schon die Überschrift: „Schwert und Schild der Partei“ lässt den Schluss zu, dass ich vielleicht mit dem Ministerium für Staatssicherheit liiert gewesen sein könnte, was ganz und gar nicht der Fall war.
Den Satz, dass ich von meinen Eltern und Großeltern zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden erzogen worden bin, haben Sie (und ich hatte dies vielfach mit Beispielen belegt!) einfach ignoriert. Es scheint mir nach Lesen Ihres Beitrages, dass Sie eine vorgefertigte Meinung von mir hatten, zu der meine stark verkürzt wiedergegebenen Aussagen zu passen hatten.
So habe ich zu Stalins Vorgehen und auch den Mauertoten gesagt, dass jeder Tote ein Toter zu viel ist, man aber der Geschichte und ihren Persönlichkeiten nicht gerecht wird, wenn man sie aus dem Zeitkontext herausreißt. Auch die Frage des Jugoslawienkonflikts hatte ich ausführlich vom völkerrechtlichen Standpunkt aus erörtert und nicht nur anhand der Aussagen eines Kosovoalbaners abgehandelt.
Eine Zusage zum Interview hatte ich aus dem Grunde gemacht, weil über unsere Arbeit als „Mütter gegen den Krieg e. V.“ in Berlin-Brandenburg in keiner Zeitung berichtet wird und auch unsere Stellungnahmen zu brisanten politischen Ereignissen ignoriert werden. Leider wurde durch die selektive Art der Darstellung unserer Arbeit großer Schaden zugefügt.
So wurde weder unser Engagement bezüglich Hilfslieferungen nach Jugoslawien, noch unsere Haltung zu Bundeswehreinsätzen im Ausland oder z. B. unsere Intention, in Tschetschenien ein Heim für Kinder aus Kriegsgebieten beider Konfliktparteien zu schaffen, wozu wir noch Sponsoren suchen, erwähnt. Ebenso wurde die Frage unseres entschiedenen Einsatzes für Professor Dr. Günther und seines Vorhabens, ein weltweites Verbot von Uranmunition zu erreichen, die in unserem Gespräch eine erhebliche Rolle gespielt hat, von Ihnen ausgeklammert. So stelle ich mir seriösen Journalismus jedenfalls nicht vor. BRIGITTE QUECK,
„Mütter gegen den Krieg e. V.“ in Berlin-Brandenburg
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