: Kleinanzeigen für Stradivari-Geigen
An der so genannten Ernsten Musik ist das Internet ziemlich spurlos vorübergegangen. Sinfonieorchester klingen in MP3 einfach lausig. Die Website unter www.vioworld.de versucht deshalb gar nicht erst, Musik zu verbreiten. Sie will nur eine Plattform sein, auf der sich Ausübende und Liebhaber der Klassik begegnen. Für beide bietet sie sinnvolle Dienste an: Für Orchestermusiker einen Stellenmarkt und eine standardisierte kleine Porträtseite, die zur Eigenwerbung gestaltet werden kann. Leider begnügen sich mache dann doch mit Passfoto und Postanschrift. Die Klassikliebhaber werden mit aktuellen Kurznachrichten versorgt, können sich mit Orchester- und Dirigentenporträts hintergründiger informieren und in einem Forum über ihre eigenen Konzerterlebnisse und die Vorzüge ihrer Lieblingsaufnahmen unterhalten.
Alles kommt sehr gepflegt daher, leider auch ein wenig museal, so dass man sich fragt, ob nicht ein wenig grafischer Pfeffer dem geschmäcklerischen Design gut getan hätte. Ziemlich erstaunlich ist indessen, was an Kleinanzeigen zu finden ist: etwa mehrere Stradivari-Geigen aus einem Erbnachlass. Preis Verhandlungssache.
Verantwortlich für die Website ist der Sohn eines früheren Solocellisten der Berliner Philharmoniker, was das Übergewicht der Streicher erklärt, auf das auch die Adresse anspielt. Die Vioworld ist eine Welt der Geigen. Die Rubrik „Geigenbauer“ ist nicht für das breitere Publikum gedacht. Hier wird auch mal eine Violine für 480.000 Mark angeboten. niklaus@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen