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Rot-Grün hebt mit Gebühr ab

Vollständige Privatisierung des Großflughafens ist offenbar vom Tisch. Der öffentlichen Hand drohen hohe Kosten. Rot-Grün erwägt Fluggastgebühr. PDS-Fraktionschef Wolf: Airport ist Zuschussgeschäft

von DIRK HEMPEL

In den Bau des Großflughafens Schönefeld fließen womöglich doch öffentliche Gelder in beträchtlicher Höhe. Die Investorengruppe, an der das Bauunternehmen Hochtief und der Immobilienkonzern IVG federführend beteiligt sind, will offenbar eine Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand. SPD und Grüne möchten die dabei entstehenden Kosten über eine Fluggastgebühr finanzieren. Deren Rechtmäßigkeit ist bisher umstritten.

Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost sieht das Ende Juli von der Investorengruppe Berlin-Brandenburg International Partner (BBPI) vorgelegte Angebot eine öffentliche Beteiligung von 25,1 Prozent an der Flughafenholding vor. Damit müssten sich Berlin und Brandenburg an den Kosten für Bau und Betrieb des geplanten Großflughafens beteiligen. Ursprünglich sollte der Flughafen komplett privatisiert werden.

Daran will jetzt offenbar niemand mehr festhalten. Über das Angebot der BBPI haben zwar alle Seiten Stillschweigen vereinbart. Eine Beteiligung der öffentlichen Hand ist nach Angabe von Christine Peters, Sprecherin der Berliner Finanzverwaltung, jedoch „nicht ausgeschlossen“. Die Koalitionsparteien SPD und Grüne haben sich mit diesem Modell bereits angefreundet: „Wir haben nichts gegen eine Beteiligung des Landes, dann können wir schließlich die Entscheidungen beeinflussen“, sagt Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen.

Nur kosten soll das nichts. Angesichts der angespannten Haushaltslage habe Berlin ohnehin keine Mittel, so SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler. Da das Großprojekt aber nach Möglichkeit zum Winterflugplan 2007 beendet sein soll, müsse das Land sich dennoch finanziell engagieren. Die Kosten will Rot-Grün dann nach dem Verursacherprinzip umlegen: Die Passagiere sollen eine so genannte Fluggastgebühr zahlen.

Die Wirksamkeit dieser Abgabe für jeden An- oder Abflug ist aber unklar. Sie könnte sich als Standortnachteil für Schönefeld erweisen. Außerdem drohen Airlines mit einer Klage gegen diese Gebühr. Sollte diese Erfolg haben, müssten Berlin und Brandenburg die Bau- und Betriebskosten doch über den Haushalt finanzieren. Für den PDS-Fraktionsvorsitzenden Harald Wolf ist schon jetzt klar: „Schönefeld wird auf jeden Fall ein Zuschussgeschäft.“

Bei der am BBPI-Konsortium beteiligten Hochtief Airport sieht man die Frage der Rechtmäßigkeit der Gebühr gelassen. „Auch in anderen EU-Ländern gibt es eine solche Abgabe“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Die Gebühr soll ohnehin nur den öffentlichen Anteil finanzieren. Sie ist damit im Zweifelsfall ein Problem der Haushaltspolitiker. „Deswegen“, so die Sprecherin, „interessiert uns die Rechtmäßigkeit nicht.“

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