: Fünf rote Länder schminken sich schön für Olympia
Hamburg steigt in die Konkurrenz um eine deutsche Olympiabewerbung für 2012 ein – zur Freude der übrigen SPD-Ministerpräsidenten im Norden
HAMBURG taz ■ Die Konkurrenten Frankfurt, Stuttgart und Leipzig hält Nikolaus Schües „für chancenlos“. Schües, Präses der in Hamburg fast allmächtigen Handelskammer, stellte gestern detaillierte Pläne der Wirtschaft für eine Bewerbung der Stadt um die Olympischen Spiele 2012 vor. Zu den Antreibern des Projekts gehört auch Schües’ Vize Michael Otto. Der 58-jährige Chef des weltgrößten Versandhauses wurde zum Olympia-Beauftragten des Wirtschaftsverbandes ernannt.
Das Konzept sieht ein „Hanse-Olympia“ in allen fünf norddeutschen Küstenländern vor. Um das Zentrum Hamburg herum mit einem Olympiastadion für 100.000 Zuschauer, dem Olympischem Dorf für 16.000 Aktive und diversen weiteren Investitionsprojekten sollen sich die „Hanse-Schwestern“ Bremen, Lübeck und Rostock-Warnemünde scharen.
Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) erklärte eine Olympiabewerbung umgehend zu „einer hervorragenden Chance für Hamburg und den ganzen Norden“. Und beeilte sich – keine sechs Wochen vor der Bürgerschaftswahl – darauf hinzuweisen, dass die ganze Sache eigentlich seine Idee gewesen sei. In der Tat hat die Stadt bereits im November vorigen Jahres mit ersten Planspielen für eine Bewerbung begonnen und diese im Juli aufgrund der Vergabe der Spiele 2008 an Peking intensiviert. Durch die Wahl Pekings, so wissen sowohl Runde als auch Schües, sind die Chancen für eine europäische Olympiastadt gestiegen. Praktischerweise sind die vier MinisterpräsidentInnen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen allesamt Sozialdemokraten und reagierten nach Rundes Worten mit „Zustimmung bis Euphorie“ auf seinen Vorschlag.
Vor Warnemünde würde gesegelt werden, Bremen und Lübeck sollen die eine oder andere repräsentative Halle für Publikumsmagneten wie Radrennen oder Gewichtheben sowie Ballsportarten beisteuern, im ländlichen Nordniedersachsen würden bestehende Einrichtungen für Military, Mountainbiking oder Schießübungen modernisiert.
Schües hält mit Kritik an den Konkurrenten Frankfurt, Stuttgart und Leipzig nicht zurück. Sie könnten logistisch, organisatorisch und infrastrukturell mit der Elbmetropole und ihren Satelliten nicht mithalten. Einer erneuten Bewerbung Berlins sieht er ebenfalls gelassen entgegen. Die Hauptstadt habe ja bekanntlich schon ihre Bewerbung für Olympia 2000 „grandios“ in den Sand gesetzt.
Ernsthafte Sorgen könnte allenfalls die Kandidatin Düsseldorf bereiten. Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt verfüge über ein „akzeptables“ Konzept, eine starke Region an Rhein und Ruhr und habe „das potenteste aller Bundesländer“ im Rücken.
Die erste Hürde muss Hanse-Olympia am 3. November nehmen, wenn das Nationale Olympische Komitee auf seiner Tagung – passenderweise in Hamburg – darüber befindet, ob überhaupt eine deutsche Stadt ins Rennen geschickt wird.
SVEN-MICHAEL VEIT
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