: die geigerin
Die Geigerin plagte der kleine Finger der linken Hand. Ein solch „wahnsinniger Schmerz“ durchzuckte sie jedes Mal, wenn sie die Geigensaite mit dem Finger niederdrücken wollte, dass sie schließlich überhaupt nicht mehr spielen konnte, vier Monate lang. Ein halbes Dutzend Ärzte konnte ihr nicht helfen, vielen schien der kleine Finger ein lächerliches Problem. Die erste Anstellung ihrer jungen Karriere, in einem renommierten Berliner Orchester, wurde nach der Probezeit nicht mehr verlängert. Sie war 25 Jahre alt, „völlig verzweifelt“ und fühlte sich „in der Existenz bedroht“. Von einem Kollegen erfuhr sie schließlich von der AG Musikermedizin. Dort wurde eine „Übersensibilisierung nach Überbeanspruchung“ diagnostiziert, aber vor allem fühlte sie sich erstmals „verstanden“. Sie wurde an der Halswirbelsäule behandelt, bekam Medikamente zur Entzündungshemmung und Regeneration der Nerven und geht nun immer noch zwei-, dreimal wöchentlich zur Physiotherapie, wo der Finger massiert und gekühlt wird. Dem geht es „noch nicht wieder perfekt“, aber wieder besser, demnächst steht das erste Vorspielen nach der Pause an. Ihre Krankengeschichte wird sie dort verschweigen. Sie hat ihre Technik umgestellt, trainiert jetzt ihre Bauchmuskeln, übt bewusster mit längeren Pausen. Andere Beschwerden wie Migräne gehören weiter zum Alltag. Bei manchen Werken sitzen die Geiger direkt vor den Becken. „Schwanensee oder Wagners Ring sind ganz schlimm“, sagt sie, „das geht nur mit Ohropax.“ FOTO: ARCHIV
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