piwik no script img

Die Mauer soll uns mahnen

Die Mauer als Grenze ist ein schlimmer Punkt in der Geschichte. Viele Menschen sind an ihr gestorben, Menschen wurden getrennt und ihrer Bewegungsfreiheit beraubt. Es ist irrsinnig, eine Grenze derart zu versiegeln, der Höhepunkt ist mit Sicherheit, eine Stadt zu teilen. Die Berichterstattung vermittelt den Eindruck, als hätten wir diesen Teil der Geschichte bezwungen und den Weg in die Freiheit gefunden. Sicher gibt es nun im ganzen Land Reise- und Bewegungsfreiheit. Betrachten wir die Situation allerdings genauer, dann fällt auf:

Nicht jeder darf sich in diesem Land frei bewegen. Flüchtlinge sind durch die Residenzpflicht dazu gezwungen, für das Verlassen des ihnen zugewiesenen Landkreises eine Genehmigung unter Angabe der Gründe zu beantragen. Für diese Menschen sind mitunter Landkreisgrenzen unüberwindbare Hindernisse. Die deutsche Grenze ist seit der Wiedervereinigung die Ostgrenze der EU. Und diese Grenze wird ebenfalls in einer irrsinnigen Art und Weise befestigt. Das Wort der Festung Europa bekommt hier eine anschauliche Note. Seit 1993 sind 89 Todesfälle an der deutschen Ostgrenze dokumentiert. 144 Verletzungen, zum Beispiel Bisswunden von BGS-Hunden, wurden festgestellt. Die Dunkelziffer wird weitaus höher eingeschätzt.

Die Mauer und ihre Geschichte ist schrecklich. Sie sollte uns mahnen. Diese Mahnung bekommt durch die Vorkomnisse an einer heutigen deutschen Grenze eine besondere Bedeutung. Auch die Bundesrepublik ist kein Paradies für alle. Auch an unserer jetzigen Grenze werden Menschen verfolgt und kommen dabei ums Leben. Dies wird von vielen Politikern und Bürgern, die vielerorts mit erhobenen Zeigefingern zu sehen sind, verschwiegen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass der Jahrestag der Mauer instrumentalisiert wird. Grenzen bedeuten immer Abgrenzung zu anderen, die wir nicht wollen. Viele Menschen scheitern daran, die Grenze zu uns zu überschreiten. Tagtäglich, auch in unserem Bundesland. Öffnen wir endlich die Grenzen für alle.

LARS GLÖNDE, Potsdamer Unabhängiger Linker Kreis

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen