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Der Torwart hofft auf schlechtes Wetter

Mühsam vermeidet Hertha BSC mit dem 2:1 beim Zweitligisten SV Babelsberg eine Fortsetzung der Pleitenserie

POTSDAM taz ■ So redet einer, der sich bei 30 Grad im Schatten in die Sonne stellt, dabei lange, schlabbrige und gepolsterte Hosen und dazu einen dicken gelben Pullover trägt: „Der schwerste Gegner war das Wetter“, sprach Torwart Gabor Kiraly nach dem 2:1-Sieg seiner Hertha über den Zweitligisten SV Babelsberg 03 im DFB-Pokal. Kiraly schränkte zwar ein: „Gut, für die Babelsberger war es auch heiß“, aber zu einer neuen oder anderen Analyse außer der, dass es das Wetter war, das es den Herthanern am Samstag vor 14.500 Zuschauern im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion so schwer gemacht hatte, war der Ungar nicht willens. Dabei wäre auch bei anderem Wetter der Pokalauftritt der Herthaner schwer geworden. „Wir hatten ja keine einfache Situation“, erläuterte Trainer Jürgen Röber im Anschluss. „Wir sind in der Liga schlecht gestartet, und dann lagen wir ja nach paar Minuten auch noch hinten.“

Mit Verve und durchaus ohne Arroganz war Röbers Hertha ins Spiel gegangen, doch Babelsbergs Treffer nach sieben Minuten ließ eine Pokal-Sensation ahnen. Fortan rannte Hertha an, die Stürmer Michael Preetz und Alex Alves mühten sich, die hängende Spitze Marcelinho rackerte fleißig, und die Mittelfeldspieler Sebastian Deisler und Bart Goor steuerten Weitschüsse bei. Alles blieb erfolglos, bis in der 56. Minute ein Freistoß, von Marcelinho kunstvoll links um die Mauer gezirkelt, den Ausgleich brachte.

In der 89. Minute, als beide Mannschaften sich schon auf eine Verlängerung an diesem heißen Nachmittag eingestellt hatten, setzte sich Alex Alves alleine durch und machte das 2:1. „Dieses zweite Tor war eine einzigartige Leistung“, lobte Kiraly seinen in den letzten Wochen stark kritisierten Stürmer, „Alex ist einer, der nie aufgibt. Es war ein schweres Spiel.“

Am schwersten verlief dieser Babelsberger Nachmittag vermutlich für die Hertha-Angestellten, deren Arbeitsplatz am nächsten zum Standort der Fans lag: also für Torwart Kiraly selbst und seinen Trainer Röber. Beide mussten sich, weil sie nah am Zaun agierten, alles anhören, was die mit der S-Bahn angereisten etwa 5.000 Fans ihnen zubrüllten. „Wir wollen euch kämpfen sehen“, war noch der freundlichste aller Rufe, dicht gefolgt von, in der Melodie von „Guantanamera“: „Scheiß-Millionäre, wir singen Scheiß-Millionäre“.

Der schlechte Start in die Bundesliga und das 89 Minuten lang drohende Pokal-Aus lassen die Luft für Hertha-Trainer Röber dünner werden. „Röber raus!“-Rufe hört man immer häufiger im Hertha-Block, und mit einem hämischen Lachen wird gesungen: „Jürger Röber, du bist der beste Mann.“ Seine Position im Club ist aber nicht wirklich gefährdet. „Auch bei einer Niederlage wäre der Trainer nicht ins Wanken geraten“, versicherte Manager Dieter Hoeneß nach dem Spiel, und das klang durchaus glaubhaft. Schließlich war das Weiterkommen verdient, und ein Ausscheiden wäre es nicht gewesen. „Herthas Sieg geht völlig in Ordnung“, sagte Babelsberg-Trainer Herman Andreev später, „da braucht man doch gar nicht drüber zu diskutieren.“

So sah das der verschwitzte Gabor Kiraly auch. „Wir haben den Sieg verdient“, sagte er, bevor er wieder auf den Hauptgegner Wetter zu sprechen kam.

MARTIN KRAUSS

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