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„Liebe taz...“ Heroin-Abgabe kein Allheilmittel

„Ruhe, bitte - Interview mit Senatorin Hilde Adolf“, taz-bremen vom 24.08.01

Es ist wieder sehr lobenswert, wie schnell und umfangreich die taz den Modellversuch der kontrollierten Heroin-Abgabe zum Thema macht. Bei aller Euphorie möchte ich als „betroffener“ Methadonpatient davor warnen, in der Heroin-Abgabe den Königsweg der Zukunft zu sehen.

Dieser Modellversuch hat bestimmt seine Berechtigung und kann für einige „Suchtkranke“ eine Hilfe sein, aber die Hilfe schlechthin wird die Heroin-Abgabe mit Sicherheit nicht!

Ich möchte hier auch an die Euphorie am Anfang der 90er Jahre in Sachen Methadon-Substitution erinnern. Im Interview mit Senatorin Hilde Adolf sprechen nach Aussage der taz Fachärzte immer wieder davon, dass der Drogenersatz Methadon giftiger und körperlich schwerer auszuhalten sei als reines Heroin. Welch makabre Aussage!

Meine tägliche Dosis Methadon trinke ich alle 24 Stunden. Reines Heroin muss ein Süchtiger alle zehn bis zwölf Stunden zu sich nehmen. Methadon wirkt zumindest bei mir rauschfrei und ohne „Kick“.

Mit Methadon lebe ich ohne Beigebrauch seit vielen Jahren ein „normales“ Leben bei einer Wochenarbeitszeit von bis zu 50 Stunden. Als heroinsüchtiger Fixer war ich früher vom unsauberen Straßenheroin von morgens bis abends hacke breit! Bei reinem Heroin wird das ja nicht anders sein, oder?

Zum Thema Beigebrauch: Wird durch eine kontrollierte Heroin-Abgabe der Beigebrauch von Crack, Alkohol, Ecstasy, usw. gestoppt oder vermindert? Ist die kontrollierte Heroin-Abgabe zumindest an den so genannten zweiten Arbeitsmarkt (ABM) gekoppelt? Wann wird der Besitz von Kleinstmengen Drogen jeglicher Art zwecks Eigenkonsum endlich straffrei? Fragen über Fragen bei aller Euphorie...

Wilfried Hermanns

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