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Und immer schön stolz bleiben!

■ Boulevardesk: Clare Boothe Luces „Damen der Gesellschaft“

Sie zicken sich den ganzen Tag lang an, ihre Sorgen drehen sich um zu kleine oder zu große Busen, Falten, Parties – und natürlich Männer: Dies sind die Themen der so genannten Damen der Gesellschaft. In Clare Boothe Luces gleichnamigem Stück hat sie der überspannten New Yorkerin ein Denkmal gesetzt. 1903 in den USA geboren, übernahm sie selbst in ihrem Leben viele Rollen, war Olympiaschwimmerin und Filmschauspielerin, engagierte sich in der Frauenbewegung und war Chefredakteurin der Zeitschrift Vanity Fair.

Das Leben ihrer Figuren ist nicht so bewegt. Die Damen der Gesellschaft, inszeniert von Andreas von Studnitz am Thalia Theater, stö-ckeln zwischen Schönheitssalon, Nobelkaufhaus und Analytiker. Dazwischen sind sie auf der Jagd nach einem reichen Mann. Luce gießt diesen Sack voll seichter Leichtlebigkeit in boulevardeske Dialoge. Wolf Gutjahr errichtet dazu eine Drehbühne mit einem Labyrinth aus weißen Wänden. Im Mittelpunkt ihrer klatschsüchtigen Freundinnen räkelt sich zu Beginn Mary Haines, nett adrett gespielt von Anna Steffens. Hier ist sie sich ihrer heilen Welt aus Parties, glücklicher Ehe und wohlgeratener Tochter sicher. Doch die Fassade bröckelt schnell, die Freundinnen, allen voran die boshafte Sylvia Fowler (burschikos: Sandra Flubacher), die dauerschwangere Edith (Victoria Trauttmansdorf), die Romanautorin Nancy Blake (Angelika Thomas) und die schüchterne Peggy (Sylvia Schwarz) wissen es längst: Ihr Mann Stephen betrügt sie mit einer Kosmetikverkäuferin.

Es kommt, wie es kommen muss: Zufällig bekommt Mary es mit, entschließt sich auf Rat ihrer Mutter, (altklug: Katharina Matz), Ruhe zu bewahren und einstweilen zu verreisen. Doch bei einem zufälligen Zusammentreffen stellt sie die Nebenbuhlerin zur Rede. Die, Susanne Wolff als blondierte Billigschlampe, bekennt unverblümt: „Ich habe dasselbe Recht wie Sie, mitten in den Fleischtöpfen zu sitzen.“ Auf das „gute Zureden“ ihrer Freundinnen hin reicht Mary schließlich die Scheidung ein und findet sich beim Geschiedenen-Chill-out in Reno wieder. Da sitzen sie, all die Frauen, „die ihren Stolz haben“, und lecken ihre Wunden. Was da verhandelt wird, ist nett – aber vollkommen belanglos. Und Chrystal, inzwischen die neue Mrs. Haines, begeht am Ende einen fatalen Fehler. Erst findet sie keinen Draht zu Kleinmary (Jana Westermann), der Tochter ihres Mannes, dann ertappt diese sie auch noch mit einem anderen ehrenwerten Ehemann.

Die Moral von der Geschichte: scheide dich nicht von deinem Gatten, dulde seine Eskapaden und genieße den Luxus. „Intellektuelle Frauen vermisst niemand“, sagt Nancy an einer Stelle. Wir schon. Annette Stiekele

nächste Vorstellung: 17., 18.10., 20 Uhr, Thalia

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