piwik no script img

Falsche Worte, schnelle Dementis

Ulrich Wickert befindet sich in guter Gesellschaft. In den USA geriet der TV-Unterhalter Bill Maher in die Kritik, weil er die Selbstmordattentäter von New York und Washington nicht als Feiglinge bezeichnen mochte. „Wer in einem Flugzeug bleibt, das in ein Gebäude einschlägt, ist nicht feige“, sagte Maher. „Da würde ich eher sagen, dass wir die Feiglinge sind, wenn wir Cruise Missiles aus 2.000 Meilen Entfernung in ein Ziel schießen.“ Die Sendung wurde abgesetzt.

In Deutschland löste der Komponist Karlheinz Stockhausen einen Eklat aus. Vor Journalisten erklärte der Künstler zu den Terrorakten: „Was da geschehen ist, ist – jetzt müssen Sie alle Ihr Gehirn umstellen – das größte Kunstwerk, das es je gegeben hat.“ Die Konsequenz: Die Konzerte des Komponisten auf dem Hamburger Musikfest wurden ersatzlos abgesagt.

Pädagogen klopfen ihre Sprüche vor einer ungleich kleineren Öffentlichkeiten – Folgen kann es trotzdem haben. „Endlich haben die USA einen Denkzettel bekommen“, erklärte eine Lehrerin aus dem Erzgebirge ihren Schülern, „warum mischen sie sich auch überall ein?“ Zwei Kolleginnen aus dem Raum Dresden stellten einen Bezug zur Bombardierung der Elbstadt im Zweiten Weltkrieg her. Der Kommentar des zuständigen Schulamts: „Nicht kindgerecht.“

Berlins oberster Stadtplaner Hans Stimmann (SPD) äußerte im Gespräch mit amerikanischen Investoren, man müsse auf die „Rathauspassagen“ – einen DDR-Betonkoloss aus den Siebzigerjahren – „eine Bombe schmeißen“. Nach öffentlicher Kritik bat der Politiker um Entschuldigung: Er habe lediglich „städtebauliche Verbesserungsvorschläge“ formulieren wollen.

Korrigieren musste sich auch US-Präsident George Bush. Einen „Kreuzzug“ gegen den Terrorismus hatte er unter dem Eindruck der Anschläge angekündigt. Wenig später korrigierte er sich: Er habe das Wort nicht im historischen Sinne eines Religionskrieges benutzt. Auch Italiens Premier Silvio Berlusconi rückte von seiner These, die westliche Kultur sei der islamischen überlegen, wieder ab: Seine Worte seien „falsch interpretiert“ worden. RAB

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen