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Der 11. September hat die Popmusik erreicht. Erst war es „Only Time“ der irischen New-Age-Sängerin Enya, das als Remix mit CNN-Kommentaren und George-Bush-Zitaten etwas Trauer in die Charts brachte. Dann schwor sich Amerika mit Whitney Houstons Version des „Star Spangled Banner“ auf mehr Patriotismus ein. Und nun werden sie geholfen: Ab nächster Woche gibt es das Band-Aid-Projekt von Bono. Der U2-Sänger hat Marvin Gayes „What’s Going On“ noch einmal mit einer All-Star-Combo aufgenommen, bei der unter anderem die Backstreet Boys, Jennifer Lopez, Britney Spears, Destiny’s Child und N’Sync zugegen waren. Der Erlös aus dem Song sollte an die Non-Profit-Organisation „Artists Against Aids Worldwide“ gehen, um vor allem die Aids-Hilfe in Afrika zu unterstützen. So sah es zumindest noch im Studio aus, vier Tage vor dem Anschlag auf das World Trade Center.

Dann hat Bono reagiert. Am 30. Oktober wird das Lied in einer nochmals aktualisierten Fassung als Benefiz-Single erscheinen, deren Einspielergebnisse zu gleichen Teilen für Afrika und die Terroropfer verwendet werden sollen. Schließlich ist die Botschaft: Mehr Liebe, mehr Mitgefühl und mehr „gemeinsame Verantwortung für die Welt“ – so in etwa lautet nämlich das Motto der für die New Yorker Tragödie eingesetzte Organisation unter www.unitedway.org. Dabei ist das Lied gar nicht so ungeil, wie man bei lauter Marvin-Gaye-Imitatoren befürchten könnte. Bono beschränkt sich auf die Anfangszeile, P. Diddy fragt dauernd aus dem Off „Was geht ab?“ und selbst Michael Stipe von R.E.M. klingt bei seinem kurzen Auftritt very soulful.

Interessant wird der Song auch deshalb, weil sich Rapper wie Nas, Eve oder Fred Durst von Limp Bizkit in ihren hinzugebastelten Strophen direkt auf die Ereignisse in New York beziehen. Damit wird der alte Satz von Public Enemy, das Rap als „CNN der Schwarzen“ funktioniere, plötzlich auch für den Mainstream wahr. Ebenfalls interessant: Das Original von Marvin Gaye war 1971 als Anti-Kriegs-Kommentar in Zeiten von Vietnam gedacht. Die Neuauflage wird nun vermutlich mitten in die Invasion der US-Bodentruppen in Afghanistan fallen.

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