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Jazzige Slamsession

Basketball-Euroleague: Kinder Bologna schlägt den FC Barcelona mit 84:69 und schnappt sich die Favoritenrolle

BARCELONA taz ■ Wer beim FC Barcelona neuerdings für die spektakulären Dinge zuständig ist, das stellte Ademola Okulaja schon in der zweiten Minute des Basketballmatches gegen Kinder Bologna klar. Hoch in der Luft griff er sich einen Pass seines Mitspielers De la Fuente und schmetterte den Ball mit Hochgenuss in den Korb. Die 7.900 Zuschauer im Palau Blaugrana tobten. So in etwa hatten sie sich das Spiel ihres Teams gegen den amtierenden Meister der Euroleague und erneuten Favoriten vorgestellt.

„Ich mag diese Denkweise nicht“, sagte Bolognas Coach Ettore Messina, „da werden Mannschaften zu Favoriten gemacht, nur wegen des Namens, den sie auf dem Trikot tragen. Für mich ist der technische und taktische Aspekt wichtig.“ Danach lieferte sein Kollege Aito Reneses dennoch eine geballte Portion besagter Denkweise, bei der allerdings auch der taktische und technische Aspekt nicht zu kurz kam. Mit 69:84 hatte sein Team die hochklassige und intensive Partie am Ende recht deutlich verloren, was der lautstarken Begeisterung der Zuschauer für ihre Blauroten, die seit vielen, vielen Jahren vergebens nach Europas Basketballkrone streben, keinen Abbruch tat, wohl aber der Laune des Trainers. „Es klafft eine große Qualitätslücke zwischen uns und Bologna“, sagte Reneses, „wir haben versucht, das mit Enthusiasmus und Einsatz wettzumachen, aber im letzten Viertel hat das nicht mehr gereicht.“

Einsatz und Enthusiasmus waren wie meist auch die Tugenden des Ademola Okulaja. Sichtlich beflügelt von der guten EM, die das deutsche Team und er selbst absolviert hatten, tat er ausgiebig, was er am besten kann: setzte herumvagabundierenden Bällen nach, war überall, wo was los war, holte Rebounds, 8 an der Zahl, erzielte 10 Punkte, glänzte mit3 schönen Assists, verwarf seine Freiwürfe – einer von 6 landete im Korb – und ärgerte sich danach ausdrucksvoll. Vom Coach in die Starting Five beordert, war er zunächst der auffälligste und effektivste Spieler seines Teams, bis der elegante Litauer Arturas Karnisovas, gerade von einer Verletzung genesen, das Steuer übernahm und aus allen Positionen traf. Als aber schließlich das Team unterging, gingen auch Karnisovas und vor allem Okulaja unter. Dem unterlief ein folgenschwerer Lapsus, als er einen Konter mit einem Slam-Dunk abschließen wollte – und den Ball nur auf den Korbrand hämmerte. Im Gegenzug legte der wohlgenährte Rashard Griffith die Kugel ganz unspektakulär, aber fein ins Körbchen. Statt 64:65 stand es 62:67, Bologna zog davon, und bei Okulaja ging fortan alles schief: Verpasste Freiwürfe, Ballverluste, geblockte Korbleger und Pässe.

Ob es Ettore Messina nun gefällt oder nicht, die Partie bewies, dass seine Equipe in der Tat ein klarer Favorit dieser Euroleague-Saison ist. Das Team funktioniert vom mit 20 Punkten überragenden Argentinier Emanuel Ginobili über den Franzosen Rigaudeau bis zum moppligen Griffith, der 13 Rebounds und 16 Punkte sammelte, wie eine gut eingespielte Jazzband, bei der Organisation und Improvisation perfekt harmonieren. Selbst der frühe Ausfall seines Europameisters Marko Jaric brachte Bologna nur kurz aus dem Takt. „Wir fahren mit dem Wissen nach Hause, dass wir unter großem Druck unser Spiel spielen können“, resümierte Messina zufrieden, während Aito Reneses trotz des „besten Saisonspiels“ (Marca) über Verletzungen und ungenügende Saisonvorbereitung klagte, aber auch unverhohlen darüber, dass ihm der Klub nicht mehr Geld zur Verfügung stellt: „Ein großes Problem ist die Zusammensetzung der Mannschaft.“ Vehement fordert der Trainer Verstärkung aus den USA. Sollte die auftauchen, wird es zumindest in der Startaufstellung auch für Ademola Okulaja eng. MATTI LIESKE

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