: No Future für Arme
Wer hat, dem wird gegeben, wer nichts hat, zahlt drauf. Ein Charakterzug des Kapitalismus, den taz hamburg-Leser W. am eigenen Leib erlebt. Die HEW haben ihm verwehrt, vom alten HEW classic-Tarif zum billigeren HEW future-Angebot zu wechseln. Er habe in der Vergangenheit mehrfach seine Stromrechnungen zu spät bezahlt, erfuhr W. als Begründung am Telefon.
Ein säumiger Zahler ist W. zwar tatsächlich, doch er kann nichts dafür. Er beziehe seit einiger Zeit Sozialhilfe, sagt W. und das Sozialamt bezahle „gerne mal verspätet“ – eine Erfahrung, die sich mit der anderer Sozialhilfe-EmpfängerInnen deckt. W. fehlte also oft das Geld, um seine Stromrechnung pünktlich zu bezahlen. Er habe die ausstehenden Beträge aber stets nachgezahlt, versichert er.
Die HEW rechtfertigen ihre Verweigerung des günstigeren Tarifs damit, dass es sich bei dem Angebot um eine „Sondervereinbarung“ und nicht um einen „von der Preisaufsichtsbehörde genehmigten Tarif“ handele. Laut Energiewirtschaftsgesetz seien die HEW verpflichtet, Kunden nach diesem Tarif zu versorgen. Der Strom könne den Leuten nur dann abgeklemmt werden, wenn sie ihre Rechnungen überhaupt nicht bezahlten.
Das ist mit Kosten verbunden und benachteiligt die HEW aus ihrer Sicht gegenüber den neuen Billiganbietern, die Kunden ablehnen dürfen. Viele schlecht zahlende Kunden, so eine HEW-Sprecherin, seien von den Billiganbietern zurückgekommen und in den Tarif aufgenommen worden. Das Angebot Future dagegen wurde geschaffen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.
Für W. ist das kein Trost. Er hat weniger Geld, muss aber mehr für seinen Strom zahlen. „Für kleine Kunden wird es immer schwieriger, gerade im Energie- und Kommunikationsbereich überhaupt noch Kunde werden zu können.“ Das sei „eine neue Art einer Zwei-Klassen-Gesellschaft“. knö
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