Jugend müpft auf

Alba Berlin wahrt dank seiner Nachwuchskräfte mit einem Sieg gegen Treviso die Chance auf das Achtelfinale in der Basketball-Europaliga

aus Berlin MATTI LIESKE

Es war eine sehr unerwartete Wendung, welche Alba Berlins Basketballern gegen Benetton Treviso im vierten EuroLeague-Spiel mit 89:83 den ersten Sieg brachte. Zu Beginn des dritten Viertels schien es eine Zeit lang, als befänden sich nur zwei Leute auf dem Feld: die beiden Spielmacher Derrick Phelps (29) und Tyus Edney (28), die mit großem Ehrgeiz ein Privatduell austrugen, dessen Wurzeln in ihre Zeit als College-Stars zurückgehen dürften. Alba-Spielmacher Phelps war 1993 gemeinsam mit Henrik Rödl im Trikot von North Carolina Champion, zwei Jahre später führte Edney das Team von UCLA zum Titel.

Beide mussten anschließend lernen, dass College-Lorbeeren schnell welken, die weitaus erfolgreichere Karriere war jedoch dem kleinen Edney beschieden. Während es Phelps nur zu drei NBA-Spielen bei den Sacramento Kings brachte, wirkte Edney drei Jahre lang in Sacramento und Boston, ohne richtig Fuß zu fassen, bevor er zu Zalgiris Kaunas wechselte und mit dem litauischen Team 1999 sensationell Europaliga-Champion wurde. Wenig befriedigend verlief seine letzte Saison, wo er bei den Indiana Pacers nur wenig spielte. Ihre NBA-Ambitionen haben aber beide Spieler noch nicht in den Wind geschrieben.

In Treviso ist der 1,77 m große Edney die Seele des Spiels, und nachdem der recht überheblich ins Match gegangene Tabellenführer der italienischen Liga die erste Halbzeit (44:44) „verschlafen hatte“, wie Trainer Mike D’Antoni schimpfte, legte der Point Guard nach der Pause mit sieben Punkten in Folge mächtig los. Phelps ließ sich nicht lumpen und hielt Alba mit großartigen Offensivaktionen in der Partie. Doch während Edney auf sich allein gestellt blieb, bekam Phelps Hilfe von unverhoffter Seite.

Seit Wochen predigt Alba-Coach Emir Mutapcic, dass die jungen Bankspieler endlich einen größeren Beitrag liefern müssten, ausgerechnet gegen das europäische Spitzenteam aus Italien leisteten Stefano Garris (22) und Sven Schultze (23) dem Appell erstmals in einem Match auf höchster Ebene Folge. Beide holten je zehn Punkte, glänzten mit Ballgewinnen sowie Rebounds und brachten Alba plötzlich, unterstützt vom überaus effektiven Center Teoman Öztürk (15 Punkte), komfortabel in Führung. Besonders Nationalspieler Garris demonstrierte mit seinem selbstbewussten Auftritt, was eine erfolgreich absolvierte Europameisterschaft für die Psyche eines jungen Basketballers bedeuten kann. Mit der Eruption der Youngsters hatte Treviso absolut nicht gerechnet, die Reaktion kam viel zu spät. „Berlin hat getan, was es tun musste, wir nicht“, klagte Coach D’Antoni.

Äußerst erfreut zeigte sich natürlich Emir Mutapcic. „Wir haben heute gegen eine sehr gute Mannschaft gespielt“, würdigte er die Leistung von Garris und Schultze, „doch man hat keinen Unterschied zu Nachbar und Stojic gesehen.“ Der Slowene Bostjan Nachbar und der Kroate Mario Stojic sind Trevisos 21-jährige Supertalente, denen eine sichere NBA-Karriere prophezeit wird.

Der beste Spieler auf dem Parkett war dennoch Derrick Phelps, der mit 19 Punkten, 8 Assists, 7 Rebounds und 3 Steals das Duell gegen Tyus Edney für dieses Mal gewann. „Das war Top-Level auf europäischem Niveau“, schwärmte Emir Mutapcic. Lieber wäre es Phelps wohl gewesen, sein Coach hätte das Wörtchen „europäisch“ weggelassen.