Schicksal ist Herr im Haus

■ Macbeth hatte am Staatstheater Oldenburg Premiere. Schön an der entschlackten Vorlage: Die Musik. Nicht so schön: Komik killt die Aussage

Ein wummernder Kontrabass kriecht durch neblige Nächte. Aufgeschreckte Schweine grunzen. Nein: Sie tragen Kilt und Filzkappe, ringen miteinander und grölen geheimnisvolle Abzählreime. Diese etwas doofen Gnome sind die drei Hexen, die das Drama schon vorhersagen: Macbeths grausamen Aufstieg und konsequenten Fall.

Das Shakespeare-Stück wurde von Regisseur Thomas Brasch allen Ballastes entkleidet. In der Inszenierung des Oldenburgischen Staatstheaters – in Kooperation mit dem freien Hamburger Ensemble „Theater Triebwerk“ – macht Franziska Steiof die Grundlinien der Vorlage sehr sinnlich greifbar: Es ist die dunkle Macht der Erotik, die den zunächst zarten, wankelmütigen Macbeth zum Königsmörder und Tyrannen bekehrt. Birgit Oswald als sinnlich-lüsterne Lady Macbeth verkörpert zugleich eine der Hexen und liest Regieanweisungen laut vor. Mit dieser Brechtschen Verfremdungsidee wird das Spiel im Spiel thematisiert, und, ebenfalls ganz Brecht–sch, die Frage nach der Zwangsläufigkeit des Geschehens gestellt: Wo ist die Eigenverantwortung der Akteure geblieben, unterliegen wir äußerer Einflüsterung oder ist sie nur Geburtshelfer des sogenannten Bösen in uns, ist das Schicksal unausweichlich?

Die Hexen jedenfalls wirken ziemlich lustlos, wenn sie jetzt schon wieder sagen sollen, was als Nächstes passiert. Das Drama, das alte, will schon keiner mehr sehen, und somit obsiegt hier oft die Komik. Damit wäre man dann bei Shakespeare und den Sinnenfreuden des Mittelalters angelangt, die bei ihm erst Urgrund der Mordlust sind.

Schön an der Oldenburger Verschlankung des opulenten Werkes ist, dass die Musik einer der Hauptakteure sein darf. Uwe Schade am Cello und Heino Sellhorn am Kontrabass haben atmosphärisch dichte Soli und Zwiegespräche ausgearbeitet, die emotionale Felder weben, in denen das übrige Spiel dann auch eher konventionell laufen kann. Da sitzen die beiden Musiker in ihren Deppenkappen als Hexe oder mit der Strumpfmaske der Mörder am Rande und lassen die Saiten ausplappern, was das Wort viel langsamer begreifen kann. Und Uwe Schade erweist sich zudem in den ausimprovisierten Hexentänzen auch noch als sehr präsenter Schauspieler mit Sensibilität für Nuancen und Zwischentöne. Das leider fehlt Thomas Bammer als Macbeth zu oft, somit fehlt der Macht der sinnlichen Lady Macbeth der Kontrapart, an dem sie sich erst wirklich erweisen kann. Auch vom sehr wandelbaren, mimisch und stimmlich äußerst differenzierten Erik Schäffler, der den MacDuff spielt, bleibt dieser Macbeth blass, denn seine Entwicklung ist über die Kürze des Stückes (anderthalb Stunden) nicht wirklich ausgebaut. Da hätte von der Regie mehr gefordert werden können, da hätte mehr Konfrontation stattfinden müssen. So aber dominiert der Eindruck des Komischen sehr nachhaltig und bricht unverhofft in den tragenden Gedanken des Stückes.

Marijke Gerwin

Die nächsten Aufführungen am 22., 25. November und am 4. und 14. Dezember