: Neuer Schwung in Russland
Die dortige Anti-AKW-Bewegung agiert außerparlamentarisch und sucht BündnispartnerInnen. Den Druck von den Staatssicherheitsorganen halten sie bisher gut aus. Ecodefense tourt durch Ostdeutschland
BERLIN taz ■ So viel Lob haben hiesige Anti-AKW-AktivistInnen lange nicht mehr genossen. „Wir haben viel von euch gehört und wollen eure Aktivitäten gerne mal in der Praxis kennen lernen“, schmeichelte Wladimir Sliwjak von Ecodefense Russland seinen umweltbewegten ZuhörerInnen in Dresden, Leipzig, Berlin und Greifswald. Gemeinsam mit Alissa Nikulina informierte Sliwjak auf einer Rundreise durch verschiedene ostdeutsche Städte über die russische Anti-AKW-Bewegung. Unbeachtet von der Mehrheit der deutschen Umweltbewegten etablierte sich dort eine neue Generation von AktivistInnen, die nichts mehr mit den Verteidigern russischen Bodens der Achtzigerjahre gemein hat.
Die neue Bewegung wird überwiegend von 20- bis 30-jährigen StadtbewohnerInnen getragen. Mit Blick auf die Entwicklung nicht nur der deutschen Grünen meinte Sliwjak: „Wir werden nie im Parlament sitzen, sondern vor dem Parlament gegen die dort gefällten Entscheidungen protestieren.“ In Russland wird die Anti-AKW-Bewegung von keiner Parlamentspartei unterstützt. Lediglich die liberale Jabloko-Fraktion bietet gelegentlich logistische Unterstützung an. Schließlich ist das Engagement in Russland nicht ungefährlich. Nach dem Machtantritt des ehemaligen KGB-Manns Putin habe der Druck zugenommen, erklärten die Ecodefense-MitarbeiterInnen.
Vor größeren Aktionen werden Umweltschützer von Sicherheitsbeamten unter Druck gesetzt. Ein in einem AKW arbeitendes Ecodefense-Mitglied wurde wegen des Verrats von Staatsgeheimnissen angeklagt. Trotzdem wurde am 10. Oktober erstmals an sechs Stellen der Atommülltransport auf der Transsibirischen Eisenbahn blockiert.
Demnächst könnten sich auch AktivistInnen aus Deutschland daran beteiligen. Der Kontakt zwischen Umweltinitiativen aus Deutschland und Russland ist relativ jung. Unter dem Titel „13 Jahre nach Tschernobyl – Atomausstieg in Osteuropa?“ hatte die Dresdner Gruppe Ecodefense im Mai 1999 Anti-AKW-AktivistInnen aus verschiedenen osteuropäischen Ländern zu einer Konferenz eingeladen. Einen ersten gemeinsamen deutsch-russischen Anti-AKW-Protest gab es im Mai 2001 während des Deutschen Atomforums in Dresden.
PETER NOWAK
Kontakt: ecoinfo@ecodenfense-dresden.de; Tel./Fax: 03 51-89 96 04 50
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