Vom Glück, Genies zu treffen

■ Tanz den Sinatra: Der elektronisch runderneuerte Entertainer Louie Austen croont gleich zweimal in der Tanzhalle

Wahrscheinlich hat er selbst nicht mehr daran geglaubt, diese schlecht bezahlte Nische im Showgeschäft je verlassen zu können: Fast drei Jahrzehnte interpretierte der 55-jährige Österreicher Alois Luef alias Louie Austen Songs von Frank Sinatra bis Dean Martin in verrauchten Hotelbars.

Doch wie es der Zufall wollte, lernte der Entertainer in einem Wiener Boxstudio zwischen Sparring und Sandsäcken den jungen Produzenten Mario Neugebauer kennen. Der erzählte ihm von elektronischer Musik und seinem Label Cheap Records. Austen hielt mit Motown und Klassik dagegen, und man verabredete sich im Tonstudio. Resultat dieser Zusammenkunft war 1999 das düster-vertrackte Album Consequences. Der Sprung zum Popstar glückte Louie Austen letztes Jahr mit dem euphorischen Clubhit „Hoping“, der selbst den ebenfalls elektronisch neu ummantelten Tom Jones in den Schatten stellte.

Dass auf dem Dancefloor andere Spielregeln gelten als in abgedunkelten Lounges, beherzigt Salonlöwe Austen mit einer satten Portion Lebensfreude auch auf seinem zweiten Album Only Tonight. Über die geraden und weniger geraden Beats von Pulsinger und Neugebauer croont seine vom Leben geadelte Stimme.

taz hamburg: Herr Austen, wo liegen Ihre musikalischen Wurzeln?

Louie Austen: Ich bin studierter Opernsänger und Schauspieler. Meine Berater sagten mir damals, dass dies die Grundvoraussetzung sei, um ein Leben lang vom Beruf leben zu können. Denn eigentlich wollte ich Schlagersänger werden.

Fühlen Sie sich wohl im Clubkontext, in dem Sie sich jetzt befinden?

Soviel Zuwendung habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erfahren. Ich merke einfach, dass das Umfeld immer mehr zu meinem Zuhause wird. Oft bleibe ich nach den Konzerten noch ein paar Stunden sitzen und höre dem DJ zu.

Verarbeiten Ihre Songs eigene Erfahrungen oder spielen Sie mit dem „Las Vegas“-Feeling?

Es ist alles autobiographisch. Anders könnte ich es nicht. Am liebsten schreibe ich zu einem vorgegebenen musikalischen Layout. Ich habe schon früher einige Lieder geschrieben, aber das hat keine Sau interessiert. Bei den Leuten von Cheap habe ich das unheimliche Glück, auf Genies zu treffen, die sich immer am Puls der Zeit bewegen und dabei sehr experimentierfreudig und avantgardistisch zu Werke gehen.

Die Elektroferkelei „Grab My Shaft“ fällt ein wenig aus dem Konzept des neuen Albums...

In dieser Sache bin ich eher etwas altmodisch. Doch wenn der Song dem Zeitgeist entspricht, mache ich selbstverständlich mit. Diese Zusammenarbeit ist nicht nur eine musikalische Weiterentwicklung, sondern auch die Chance neue Ansichten und Einstellungen kennen zu lernen. Ab einem bestimmten Alter sollte jeder Mensch etwas machen, womit er sich preisgibt. Interview: Ulrich Seiter

Sonnabend und Sonntag, 22 Uhr, Tanzhalle St. Pauli