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Wille ohne Wende

Der FC Energie Cottbus ist dem 1. FC Kaiserslautern deutlich überlegen – und verliert dennoch mit 0:2

COTTBUS taz ■ Keiner sollte hinterher sagen können, sie hätten nicht alles Erdenkliche versucht: Der Trainer hatte schon im Vorfeld ein aufrüttelndes Interview im Stadionheft gegeben, der Pressesprecher höchstselbst übte sich lauthals in der Rolle des Einpeitschers, und sogar die zuletzt so zaghaft aufgetretene Mannschaft zeigte in ihrem 50. Bundesligaspiel nahezu unbändigen Willen zur Wende – und spielte ganz passabel Fußball, zum ersten Mal seit Monaten. Mit Kampf, mit Leidenschaft und mit so manch sehenswertem Spielzug, der den Gegner ein ums andere Mal in die Bredouille brachte. Nur leider wieder, nun schon zum fünften Mal in Folge, ohne Schuss ins Tor, was die selbst entfachte Aufbruchstimmung auch schon wieder empfindlich zu dämpfen droht, weil der FC Energie Cottbus allen Bemühungen zum Trotz erneut als Verlierer vom Rasen geschickt wurde, diesmal mit 0:2 geschlagen vom 1. FC Kaiserslautern.

„Verrückt“, fand das Eduard Geyer, der Cottbuser Trainer: „Wir haben deutlich besser gespielt als zuletzt und dennoch verloren“, stellte er auf der einen Seite enttäuscht fest, während er auf der anderen schon wieder mit Aufbauarbeit beschäftigt war. Und um seine wirklich wacker kämpfende Mannschaft („Sie hat das gebracht, was man erwarten kann“) nach dem bitteren Tiefschlag aufzurichten, presste der Hobby-Psychologe aus der Lausitz auch noch den letzten Tropfen Hoffnung aus der Niederlage. „Wir haben wieder erkannt, dass wir Fußball spielen können“, formulierte Geyer das, was am Samstag immerhin ausreichend war, um eine Mannschaft zu dominieren, die sich (wenn auch aus weiterhin unerfindlichen Gründen) plötzlich wieder in den Champions-League-Rängen tummelt. Und wenigstens die unbestechliche Datenbank von ran spendete ein bisschen Trost und wies die Cottbuser als Sieger aus: 57:43 Prozent Ballbesitz, 20:8 Schüsse aufs Tor, 12:2 Ecken – Energie war am Samstag auch statistisch gesehen das bessere Team.

Da war es gar nicht so falsch, dass Kaiserslauterns Übungsleiter am Ende „überglücklich“ war, „dass wir gewonnen haben“ – und zwar gegen eine „sehr, sehr gute, intakte Cottbuser Mannschaft, von der man nicht sagen kann, dass sie nicht in der Bundesliga mithalten kann“, wie Andreas Brehme in der schlichten Verquastheit der ihm eigenen Rhetorik festzustellen wusste. „Wenn die in der ersten halben Stunde ein Tor machen, weiß ich nicht, wie das Spiel hier ausgeht“, skizzierte Brehme zudem ein Szenario, dessen Folgen wiederum Kollege Geyer zu kennen glaubte: „Mit einem Tor hätten wir noch besser Fußball gespielt“, was für die Pfälzer dann doch Übles hätte erahnen lassen.

Denn schon ohne Torerfolg rannten die Gäste ihren Gastgebern meist hinterher, vor allem in der Zentrale, wo der zuletzt schwächelnde Miriuta durch Reghecampfs tatkräftige Unterstützung bekam und prompt alte Form aufblitzen ließ, was zum einen das Cottbuser Angriffspiel deutlich in Schwung brachte, zum anderen das gegnerische Kreativduo Ratinho/Ramzy merklich im Tatendrang bremste. Weil auf der linken Außenbahn auch Wawrzyczek einigen Wirbel entfachte, hatte die vielgelobte Gästeabwehr mehr Müh und Not, als ihr lieb sein konnte, lediglich den Ball brachten die mehrfach gut in Szene gesetzten Energie-Stürmer Kobylanski und Vincze, für den verletzten Helbig ins Team gerückt, nicht hinter dem guten Koch-Ersatz Roman Weidenfeller unter.

„Wir haben einfach unseren Torschützen nicht gefunden“, beschrieb das Eduard Geyer später gallig, letztendlich war genau das der Unterschied zwischen den beiden Teams: Kaiserslautern hatte mit der Suche noch gar nicht richtig begonnen – und war auch schon fündig geworden. Zum ersten Mal und ziemlich unverhofft per abgefälschtem Ramzy-Schuss durch Marschall (31.), später dann (47.) – und diesmal wenigstens nach einem der seltenen gelungenen Spielzüge – auch noch durch Lincoln. Kaum mehr als zwei Chancen, daraus zwei Tore – das zeichnet normalerweise Klasse-Mannschaften aus. Oder, wie FCK-Sturmkraft Olaf Marschall es treffend formulierte: „Die haben Druck gemacht, wir die Tore. So haben wir uns das vorgestellt.“ FRANK KETTERER

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