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Prozess gegen Milošević

betr.: „Worte wie ein Bumerang“ von Caroline Fetscher, taz vom 18. 2. 02

Ganz sicher muss Herr Milošević für seine Verbrechen bestraft werden, die er an tausenden von Menschen in seinem und anderen Ländern begangen hat. Und keineswegs ist seiner Argumentation zu folgen, in der er sich zum Opfer westlicher oder faschistischer Kräfte stilisieren will.

Und doch gibt es einen Punkt, in dem er ins Schwarze trifft: Wie kommt denn Caroline Fetscher zu der Feststellung, dass den marodierenden Nato-Einsatzkräften „die dazu erforderliche kriminelle Intention fehlte“? Sicher, die einzelnen Soldaten befolgten „nur“ Befehle, aber welche Beweggründe steckten tatsächlich hinter dem – viel zu spät erfolgenden – Nato-Einsatz? Ging es nicht beiden Seiten um die Sicherung von Einflussmöglichkeiten und Absatzmärkten? Wo müsste die Nato nicht überall eingreifen, wenn es ihr tatsächlich um die Abwendung von Völkermord und Faschismus ginge?!

Noch wesentlicher finde ich Milošević’ Kritik am – wie er ganz zu Recht sagt – selbst gewählten Zuständigkeitsbereich des Tribunals. Im Recht gilt meines Wissens der Gleichheitsgrundsatz. Wie also kann ein Gericht den einen (und sicher hauptsächlich) Verantwortlichen eines Krieges anklagen, die Gegenseite jedoch komplett ausklammern? Wie kann ein Gericht rechtmäßig sein, von dessen Zuständigkeit sich ein Militärbündnis und einige Staaten einfach selbst ausschließen? […] Wer Milošević rechtmäßig (nicht moralisch, denn da besteht gar kein Zweifel) anklagen will, muss auch Bush, Scharon, Putin und viele andere PolitikerInnen anklagen! GEORG LITTY, Unterjesingen

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