piwik no script img

Mit Brechmitteln brechen

SPD-Parteitag umgeht Diskussion über umstrittene Methode. Eine Arbeitsgruppe soll bis zum Herbst eine neue Position formulieren, ohne Parteichef Scholz zu beschädigen

In der Hamburger SPD regt sich Widerstand gegen die ohnehin umstrittenen Brechmitteleinsätze. Eine vom Landesvorstand eingesetzte Arbeitsgruppe soll jetzt „zügig“ eine neue Haltung der Partei ausarbeiten und diese einem Landesparteitag im Herbst zur Beschlussfassung vorlegen. Darauf verständigte sich der Parteitag am Wochenende im Bürgerhaus Wilhelmsburg.

Damit wurde eine Abstimmung über einen Antrag des Kreises Eimsbüttel vermieden, der das „Aussetzen des gewaltsamen Brechmitteleinsatzes bei mutmaßlichen Drogendealern“ forderte und die „Prüfung alternativer Methoden zur Beweissicherung“ verlangte. Nach dem Tod des mutmaßlichen Dealers Achidi J. am 11. Dezember vorigen Jahres bei einem Brechmitteleinsatz im Rechtsmedizinischen Institut des UKE müsse „dieses vermeintlich sichere Verfahren ausgesetzt und neu bewertet werden“, hieß es in dem Antrag. Zudem habe auch die Ärztekammer bestätigt, dass sich weitere Todesfälle „nach heutigem Kenntnisstand nicht völlig ausschließen“ ließen.

Der SPD-Kreisvorsitzende von Eimsbüttel, Jörn Riedel, ließ durchblicken, dass dieser Antrag im Vorfeld heftig diskutiert wurde. Es habe im Parteivorstand „erkennbar mehr als eine Meinung gegeben“. Das Thema sei aber „zu ernsthaft“, um es „so zwischendurch zu diskutieren“, erklärte Riedel und stellte den Antrag vorerst zurück. Die Eimsbüttler erwarteten jedoch, dass das Problem in der Arbeitsgruppe „nicht versickert“.

Der Antrag ist von innerparteilicher Brisanz. Den Einsatz von Brechmitteln hatte SPD-Parteichef Olaf Scholz im Juni vorigen Jahres angeordnet, als er sein Kurzzeitamt als Innensenator antrat. Eine nachträgliche Distanzierung der Partei von dieser Praxis will also sorgsam formuliert sein.

Die „Kampagne gegen Brechmitteleinsätze“ hält morgen Vormittag am Flughafen eine Trauer- und Mahnkundgebung ab. Zu diesem Zeitpunkt soll die Leiche von Achidi J. in dessen Heimatland Kamerun überführt werden. SVEN-MICHAEL VEIT

Trauer- und Mahnkundgebung morgen von 9 bis 10.30 Uhr am Terminal 4 des Flughafens

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen