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Richtung Uefa-Cup

■ Trotz einer verdienten Niederlage beim unverdienten deutschen Meister Borussia Dortmund qualifiziert sich Werder Bremen für den internationalen Wettbewerb

Krokodilstränen flossen im Dortmunder Westfalenstadion nur vor dem Anpfiff des Spiels Dortmund gegen Bremen. Jürgen Kohler, altgedienter Rustikalball- und Schienenbeintreter im Dienste der Borussia, wurde nach 398 Bundesligaeinsätzen in den Ruhestand verabschiedet, was Kohler und einem Großteil der 68.000 anerkennend „Fußballgott, Fußballgott“ skandierenden Fans unter die Haut ging. 90 Minuten später war der Fußballgott ein letztes Mal deutscher Meister und zog es wie die meisten Stadionbesucher vor, Sentimentalitäten hinten an zu stellen, statt dessen in alkoholischen Getränken zu baden und freudetrunken über den Rasen zu kugeln.

Das war nicht unbedingt absehbar. Denn zumindest 75 Spielminuten lang standen die Chancen gut, Augenzeuge einer veritablen Massendepression in schwarz-gelb werden zu dürfen. Das Spiel stand 1:1, Dortmund hatte seine zahlreichen Torchancen bis dato bevorzugt versiebt und Werder Bremen liebäugelte schon mit einer Gratis-Aspirin-Jahreslieferung von Bayer Leverkusen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch als deutscher Meis-ter fühlen durften. Kopfschmerz-tabletten werden die Bremer aber auch in der nächsten Saison bezahlen müssen: Der 40 Sekunden vorher eingewechselte Everthon drückte den Ball eine Viertel Stunde vor Schluss aus 20 Zentimeter Entfernung zum 2:1 an Werder-Keeper Rost vorbei, was dem BVB den Titel und Rost eine Niederlage in seinem letzten Spiel für Bremen bescherte. Traurig machte das indes niemanden: Dank der Niederlage von Kaiserslautern verteidigte die Elf von Werder-Trainer Thomas Schaaf Platz 6 in der Tabelle und sicherte sich so die Teilnahme am Uefa-Cup, für den sich auch Rosts künftiger Arbeitgeber Schalke 04 bereits qualifiziert hatte.

Zumindest für den BVB wäre an diesem Nachmittag auch weniger drin gewesen. Vor allem in der ersten Halbzeit droschen Torschützenkönig Amoroso & Co das Spielgerät beinahe im Fünf-Minutentakt konsequent in jene Spielfeldsektoren, die laut Regelkunde nicht als Tor gelten. Auch Bremens einziger Stürmer Ailton schien dieser eigenwilligen Interpretation der Chancenverwertung einiges abgewinnen zu können und lupfte den Ball gleich zweimal völlig frei stehend vor dem BVB-Tor in die Arme des wartenden Keepers Lehmann. Ein drittes Mal gelang ihm dieses zweifelhafte Kunststück indes nicht: Sein Querpass in der 17. Minute verfehlte den Dortmunder Torhüter und landete bei Mitspieler Paul Stalteri, der den Ball aus fünf Metern zum 1:0 für Werder über die Torlinie bugsierte.

Dass es am Ende doch zu Sieg und Titelgewinn für Dortmund langte, verdanken die Borussen vor allem einem Spieler: Jan Koller. Nicht nur überredete der tschechische Eierkopf in eindrucksvoller Manier die Werderabwehr, in der 41. Minute kollektiv in Kontemplation zu versinken, damit dieser ungestört per Fernschuss den Ausgleich erzielen konnte. Auch in der Folgezeit sorgte der Zwei-Meter-Hüne mit Flanken und Schüssen fast im Alleingang für erheblichen Wirbel im Bremer Strafraum, der trotz der Dauerpräsenz von zehn Werder-Akteuren eben nur selten einer verkehrsberuhigten Zone glich.

Das war auch Trainer Schaaf nicht entgangen. Aber vermutlich weniger aus taktischen als vielmehr fürsorglichen Motiven verlegte er ab der 46. Minute den Arbeitsplatz seines am Mittelkreis zunehmend vereinsamenden Stürmers Ailton auch noch zu den anderen Kollegen an Bremens Strafraumgrenze. Im Formationstanz hätte dieses Bollwerk sicherlich gute Haltungsnoten durch die Preisrichter mit sich gebracht. In einem Ballsport aber sind die Folgen weitaus weniger attraktiv: Mit Ausnahme eines Pfos-tenschusses von Tjukuzu und einer gelb-roten Karte für Mladen Krstajic gelang Werder in der zweiten Spielhälfte nichts mehr, was der Erwähnung bedurft hätte.

An dieser verschlafen-passiven Spielweise änderte sich auch nach dem Rückstand durch Everthons Treffer in der 75. Minute nichts mehr. Schaaf benötigte gar bis zur 90. Minute, um sich daran zu erinnern, dass er auch in dieser Spielzeit noch einen frischen Stürmer einwechseln durfte. Es war nur folgerichtig, dass Bremens Coach gleich auch noch die obligatorische Pressekonferenz verschlief und sich statt dessen lieber schon mal in den Stau auf der A 1 Richtung Bremen einreihte. Ende einer Dienstfahrt mit glücklichem Ausgang.

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