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Warten auf Aung San Suu Kyi

In Birma stehen Verhandlungen zur Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin offenbar vor dem erfolgreichen Ende

BERLIN taz/dpa ■ Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi soll nach Angaben aus diplomatischen Kreisen heute aus dem seit 20 Monaten dauernden Hausarrest entlassen werden. Die Friedensnobelpreisträgerin habe mit der regierenden Junta eine Vereinbarung erzielt, die ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) zudem größere Freiheiten einräume, hieß es gestern in Rangun. Die Übereinkunft solle heute auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben werden.

Einzelheiten der Vereinbarung blieben zunächst unklar. Angaben aus Diplomatenkreisen zufolge solle darin aber der NLD größerer politischer Spielraum zugebilligt werden. In der vergangenen Woche hatte Birmas Militärjunta ungewöhnlicherweise zahlreiche ausländische Journalisten ins Land gelassen. Auch wurden Schlaglöcher in der Straße vor Suu Kyis Haus ausgebessert. Beides galt als Indiz für eine unmittelbar bevorstehende Freilassung der Politikerin.

Verhandlungen über die mit der Freilassung verknüpften Bedingungen haben aber offenbar zu Verzögerungen geführt. Suu Kyi stand bereits von 1989 bis 1995 unter Hausarrest. Nach ihrer damaligen Freilassung durfte sie die Hauptstadt nicht verlassen. Zweimal versuchte sie es und weigerte sich tagelang, mit ihrem an Straßensperren gestoppten Auto umzukehren. Das führte zu erneutem Arrest.

Fraglich ist, ob die 56-Jährige jetzt volle Bewegungsfreiheit bekommt. Berichten zufolge soll Suu Kyi darauf bestehen, dass mit ihr weitere politische Gefangene freigelassen werden und die NLD frei arbeiten kann.

Die Freilassung Suu Kyis wäre das konkreteste Ergebnis des ihres 18-monatigen Dialogs mit der Junta. Darüber drang nur wenig nach außen. Zwar wurden seitdem rund 200 politische Gefangene freigelassen und durfte die NLD wieder einige Büros eröffnen. Dennoch gab es bisher keine weiteren Ergebnisse. Zuletzt stieg deshalb der Druck auf die Generäle, sich stärker zu bewegen. Vor knapp zwei Wochen besuchte auch der malaysische UN-Sonderbotschafter Razali Ismail Rangun, wo er mit beiden Seiten sprach. Eine Freilassung Suu Kyis wäre auch ein Erfolg für ihn.

Birma wird seit 1962 von Militärs regiert. Die jetzige Junta herrscht seit 1988 mit brutaler Gewalt. Die NLD gewann 1990 bei Wahlen 80 Prozent der Sitze, wurde aber an der Amtsübernahme gehindert. Seitdem boykottieren westliche Länder Birma, das die Junta in Myanmar umtaufte. Die südostasiatischen Nachbarn nahmen es hingegen in die Asean auf. Inzwischen sind die Asean-Staaten ernüchtert über die geringen Fortschritte, während in westlichen Ländern das Gefühl wächst, der Boykott habe in eine Sackgasse geführt.

Diesen Eindruck gewann auch eine Delegation des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die im April das Land besuchte und auch mit Suu Kyi sprach. „Das Sanktionsregime hat seinen Zweck nicht erfüllt, sondern trifft die Ärmsten der Armen“, sagt die bündnisgrüne Abgeordnete Angelika Köster-Loßack, eine einstige Boykottbefürworterin. Die Lage in Birma sei dramatisch. Dies sei auch Suu Kyi bewusst. Im Gespräch habe sie deshalb zugestimmt, dass sich westliche Nichtregierungsorganisationen und deutsche Parteistiftungen stärker im Land engagieren. Allerdings sollten sie darauf achten, dass ihre Projekte für alle offen sind und nicht nur für Regierungsleute. Köster-Loßack will jetzt mit birmesischen Exilpolitikern reden. SVEN HANSEN

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