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Studenten werden Eigentümer

Nach langem Streit und zwei Bieterverfahren hat die AG Schlachtensee den Zuschlag für das denkmalgeschützte Studentendorf erhalten. Kaufverhandlungen beginnen noch in dieser Woche

von JAN ROSENKRANZ

Sieg ist Sieg – auch wenn es am Schluss keine Konkurrenten mehr gab. Im zweiten Bieterverfahren um den Verkauf des maroden Studentendorfes Schlachtensee hat die von Studenten, Architekten und Denkmalschützern gegründete Arbeitsgemeinschaft (AG) Schlachtensee den Zuschlag erhalten. Das Auswahlgremium unter Vorsitz von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte zuletzt allerdings nur noch begrenzte Auswahl. Nachdem sich die beiden konkurrierenden Bieter Bayerische Wohnungsbaugesellschaft und Bayerische Hausbau aus dem Verfahren verabschiedet hatten, war allein die AG übrig geblieben. Die Pläne zum Abriss sind damit vom Tisch.

Das Konzept der AG sieht vor, die Nachkriegsanlage mit ihren rund 1.200 Wohnbuden weiterhin als Studentendorf zu betreiben und parallel Stück für Stück zu modernisieren. Die AG hatte dieses Sanierungskonzept bereits im Dezember vorgelegt, nachdem ihr die Bayerische Landesbank Kredite in Höhe von etwa 23 Millionen Euro in Aussicht gestellt hatte. Zusätzliches Eigenkapital will die neu gegründete Studentendorf GmbH über einen geschlossenen Immobilienfonds auftreiben.

Eigentlich hätte schon jetzt nicht mehr viel übrig sein sollen vom Studentendorf. Die große Koalition hatte im letzten Mai beschlossen, das Dorf zu schließen und das Gelände zu verkaufen – als Kompensationsgeschäft zur Finanzierung des neuen Standorts der Berlinischen Galerie. In einem ersten Bieterverfahren hatte sich die Jury trotz Protesten für das Konzept der Firma ID & A entschieden und damit für den Abriss des Dorfes und den Neubau von luxuriösen Eigentumswohnungen votiert. Erst Anfang März hatte der Liegenschaftsfonds die siebenmonatigen Verkaufsverhandlungen mit ID & A für gescheitert erklärt. Daraufhin wurde ein zweites Bieterverfahren eröffnet – das nun die AG Schlachtensee für sich entscheiden konnte.

Die Kaufverhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds sollen noch in dieser Woche beginnen und in acht Wochen abgeschlossen sein – vorausgesetzt, beide Seiten können sich auf den endgültigen Kaufpreis einigen. „Wir haben zwar 12 Millionen Euro geboten, allerdings sind in der Zwischenzeit erhebliche Entmietungs- und Leerstandsschäden entstanden“, sagt Christian Schöningh von der AG. Das Land müsse diese Schäden entweder selbst beheben oder aber einen Preisnachlass gewähren – zumal ID & A sogar nur 11 Millionen Euro zahlen sollte.

Unklar ist, ob sich der Senat darauf einlassen wird. Voreilige könnten zwar vermuten, jetzt, da nur noch ein Kaufinteressent übrig ist, hat das Land nun noch weniger Verhandlungsspielraum. Strieders Sprecherin, Petra Reetz, machte jedoch bereits deutlich: „Wir haben auch noch die Option, den Abriss neu auszuschreiben.“ Der Senat wolle durch den Verkauf des Studentendorfes weiterhin das Geld für die Berlinische Galerie einnehmen. Größere Chancen räumte Reetz der AG-Forderung ein, eine vertragliche Zusicherung zu bekommen, die im Falle des Scheiterns des Projekts auch den Abriss der Gebäude erlaubt. Dieser Umstand sei jedoch „bemerkenswert“ und „außergewöhnlich“, weil sich die AG doch gerade zum Zweck gegründet habe, den Abriss zu verhindern. AG-Sprecher Johannes Prößner dagegen findet es „merkwürdig“, dass ausgerechnet die Senatsverwaltung jetzt Probleme mit einer Abrissgenehmigung hat. Es sei eine Forderung der Bank, notfalls im Sinne der ursprünglichen Ausschreibung verfahren zu dürfen – und die hieß Abriss.

Die AG hofft dennoch auf zügige Verhandlungen. Denn bereits zum Wintersemester soll ein Teil der Zimmer an Stipendiaten vermietet werden. Bis Anfang Juli brauchen die Universitäten verbindliche Zusagen.

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