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Der IWF und gefallene Kakaopreise

betr.: „Die Nuss für Götter und Bauern“, taz vom 31. 5. 02

Leider fehlen in dem Artikel über Rohstoff-„Handel“ mit der Dritten Welt einige Informationen. In Westafrika sind in der Tat die meisten Kakaobauern kleinbäuerlich, die ihr eigenes Land bebauen. Der Hinweis, dass es in der Elfenbeinküste nicht so ist, ist zwar richtig, führt aber zu dem Eindruck, dass die niedrigen Kakaopreise Plantagenbesitzer und nur indirekt die Arbeiter betreffen.

Die Kleinbauern haben von dem Kakaoanbau vor dem Zusammenbruch der Kakaopreise recht gut gelebt. Sie haben aus dem Kakaoverkauf Geld in der Hand gehabt, von dem sie sich Geräte, Arztbesuche etc. kaufen konnten. Ihre Kinder konnten in die Schule gehen. Luxuriöse Verhältnisse für viele Menschen in Afrika. Nun sind die Kakaopreise gefallen. Die Bauern mussten natürlich nicht verhungern, da sie traditionell Selbstversorger für Lebensmittel waren. Aber: Es kam kein Geld mehr in die Haushaltskasse. Man konnte wesentlich weniger Geräte kaufen. Arztbesuche waren fast unerschwinglich.

Parallel wurden die Staaten, die die Kakaoernte vermarkteten, ebenfalls zahlungsunfähig. Sie „benötigten“ also IWF-Kredite. Die gibt es aber nur, wenn der staatliche „Konsum“ minimiert wurde – wozu auch das Schulessen gehörte. Dies wiederum führte dazu, dass in diesen Ländern Schulbesuchsgebühren eingeführt werden mussten. Die Bauern konnten diese nicht bezahlen – also gingen wesentlich weniger Kinder zur Schule als früher. Und dies alles, weil wir, die wir den Preis von Rohstoffen weltweit bestimmen, Vorgaben über den „Wert“ dieser Rohstoffe machen – unabhängig davon, ob die Rohstoffproduzenten davon leben können oder nicht. Daneben haben wir im Westen auch das Geld, das die ärmeren Länder so dringend benötigen. Und da wir die Konditionen des Geldverleihs festlegen, bekommen wir immer wesentlich mehr zurück, als wir gegeben haben – von wesentlich ärmeren Leuten, als wir selber sind. JENS NIESTROJ, Rotenburg

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