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Die Lücke zu den Profis klafft weiterhin

Die Hertha-BSC-Amateure verpassen mit dem 0:0 gegen Dynamo Dresden den Aufstieg in die Regionalliga und sind nach wie vor viertklassig. Manche Talente spielen dafür jedoch mit besten Aussichten auf eine Karriere im Profikader

Hans-Georg Moldenhauer wird die Freudentänze der Dresdner Fans im Jahnsportpark mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Als Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) eigentlich zu Neutralität verpflichtet, macht Moldenhauer keinen Hehl daraus, auf wessen Seite er steht.

Der Funktionär fördert die Anliegen von Dynamo Dresden. Der Verein hat acht DDR-Meisterschaften gewonnen, wurde in jüngster Zeit aber von „dubiosen Gestalten aus dem Westen“ (Moldenhauer) heimgesucht und in die Tiefklassigkeit gerissen. Gestern Nachmittag schafften die Sachsen immerhin den Aufstieg in die drittklassige Regionalliga durch ein 0:0 im Relegationsspiel gegen die Amateure von Hertha BSC. Vor einer Woche hatte Dynamo Dresden zu Hause 1:0 gewonnen.

In ebendieser Regionalliga sollten nur aufstiegsberechtigte Teams spielen, sagte Moldenhauer vor der Begegnung, „also keine Mannschaften der Erstligisten. Sie nehmen uns sogar Zuschauer weg, weil wir sehr wenig davon profitieren, wenn wir vor 200 oder 300 Zuschauern spielen.“ 12.000 waren am Sonntag nach Prenzlauer Berg gekommen, in eine Kulisse, die die Hertha-Amateure über die gesamte Saison nicht kannten.

Mehr als 10.000 Fans aus Dresden waren angereist und zeigten, dass noch viele Emotionen am Ostverein hängen. „Die Wichtigkeit lag bei Dynamo Dresden“, wusste Huub Stevens, der sich das Spiel in seiner Funktion als Coach der Profiabteilung anschaute.

Wichtig war der Aufstieg indes auch für die Hertha-Amateure, die es verpassten, „eine Lücke zu schließen“, jene Lücke, die zwischen „Champions League und ganz unten“ klafft, wie Trainer Frank Vogel darlegte. Die Logik ist einfach: In der Regionalliga spielen stärkere Teams, der Wettkampf ist härter. Die reifenden Kicker werden mehr gefordert. Obendrein kann der Verein wechselwillige Jungkicker besser überzeugen, ein Herthaner zu werden. Trotzdem sind auch in der Oberliga profitaugliche Spieler herangereift.

Thorben Marx steht vor einer vielversprechenden Saison im Kreise der Marcelinhos und Beinlichs. Joel Tchami hat bereits im Uefa-Pokal gespielt. Oliver Schröder schloss unlängst einen Profivertrag ab und wird vorerst an den 1. FC Köln ausgeliehen. Und: Herthas A- und B-Jugend ist noch im Rennen um die Deutsche Meisterschaft.

Trainer Vogel muss nach dem verpassten Aufstieg nicht mit Abgängen rechnen. „Die, die wir behalten wollen, haben ihren Vertrag. Unsere Rahmenbedingen werden sogar noch besser werden“, sagte er. Ob Dynamo Dresden das von sich behaupten kann, ist hingegen nicht so sicher. Der Verein leidet wie der 1. FC Magdeburg, der keine Lizenz vom DFB bekam, unter den Problemen der Sportwelt. Bei 700.000 Euro liegt der offizielle Schuldenstand. Nur mit Hilfe des Dresdner Oberbürgermeisters Ingolf Roßberg konnte dem Deutschen Fußball-Bund eine geforderte Bürgschaft über 1,5 Millionen Euro vorgelegt werden. Die Krise ist keineswegs beigelegt, wenngleich das Entrinnen aus der als ruinöse „Schweineliga“ gescholtenen Oberliga, in der sich das Gros der DDR-Klasseteams sammelt, einen Aufwärtstrend andeutet.

Ginge es nach Hans-Georg Moldenhauer, dann müsste sich Herthas Amateurteam in der kommenden Saison nicht erst durch die zwei Relegationsspiele der Nord- und Südstaffel quälen. „Dieses Entscheidungsspiel kann nicht die Belohnung einer guten Serie sein“, sagte er und plädierte für eine Fusion der Oberligen. Und obwohl Vogel Moldenhauers Parteinahme wenig gefreut hat – in diesem Punkt stimmte er ihm zu.

MARKUS VÖLKER

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