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Ringstudenten fahren lieber 5er BMW als Bahn

Der RCDS ist wieder da. Nach dem Skandal um die „Junge-Freiheit“-Fraktion gibt’s bei dem CDU-nahen Studiverband jetzt eine „Dienstwagenaffäre“

BERLIN taz ■ Die Bahn kommt, aber die ChefInnen des RCDS sitzen dann meist nicht drin. Der Bundesvorstand des „Rings Christlich Demokratischer Studenten“ fährt lieber standesgerecht – im geliehenen Dienstwagen. Nun hat die Geschäftsführerin des CDU-Nachwuchses die Notbremse gezogen. In einem Alarmbrief hat Andrea Brieger verraten, wie RCDS-Granden fahren. Sie mögen nämlich nicht die Kleinwagenklasse Golf, „vielmehr wurden bevorzugt die 50 Prozent teureren Wagen der Klasse Audi A 4 benutzt“.

Aus dem Abschiedsbrief der Geschäftsführerin hat sich nun ein Novum in der bewegten Geschichte deutscher Studentenverbände entwickelt: eine veritable Dienstwagenaffäre. Schon ärgert sich der einfache RCDSler an der Basis, „dass der Vorstand mit 3er und 5er BMWs die Verbandskasse verjubelt“. Über die verbandsinterne elektronische Post, die der taz vorliegt, werden erste Rücktrittsforderungen laut.

Der Unterschied zwischen Golf und A 4 mag für Bahnfahrer lächerlich klingen. In der Kasse hinterlässt die Limousinenliebe der RCDS-Vorsteherin Barbara von Wnuk-Lipinski und ihrer Vorstandsassis deutliche Spuren. Die seit März amtierende RCDS-Spitze hat binnen drei Monaten den Reisekostenetat verfahren, für den ihre Vorgänger ein ganzes Jahr brav öffentliche Verkehrsmittel benutzten. Nun befürchtet man im größten deutschen Studentenverband bereits das Schlimmste: einen Nachtragshaushalt im Herbst, in der heißen Phase des Wahlkampfs. Dabei gehe es doch um viel Wichtigeres, nämlich die rot-grüne Bundesregierung abzulösen und Dr. Edmund Stoiber zu installieren.

Die RCDS-Vorsitzende Barbara von Wnuk-Lipinski macht, was sie immer tut: souverän abwiegeln. Als sie im März mit Schützenhilfe der RCDS-Rechtsaußen die verhasste Lesben-und-Schwulen-Union im Vorsitz ablöste, ließ sie sich wochenlang Zeit, um ihr „wertkonservatives“ Selbstbild zu definieren. Nun sagt sie mit treuem Augenaufschlag: „Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“ Es gebe gar keine Dienstwagenaffäre. Das Problem hänge lediglich an der renitenten Bundesgeschäftsführerin. Die sei sowohl bei der CDU als auch beim RCDS nicht mehr wohlgelitten und wolle sich mit vermeintlichen Enthüllungen rächen. „Soll ich Ihnen mehr erzählen?“, fragt die feine Nachfahrin der polnischen Landadligen von Wnuk-Lipinskis. Die angeschwärzte Mitarbeiterin kam prompt in Anwesenheit ihres Anwalts ins RCDS-Büro in Berlin-Kreuzberg – um die Kündigung zu überreichen.

Zur Sache sagt Wnuk nichts, obwohl sich da für RCDS-Verhältnisse so einiges aufgehäuft hat. Die scheidende Geschäftsführerin moniert, der Vorstand habe sich die Gehälter erhöht, der Schatzmeister schicke seine Sekretärin regelmäßig Waschmittel kaufen und überhaupt sei die Atmosphäre in der RCDS-Zentrale nicht gut.

So charmant RCDS-Chefin Wnuk wirkt – nach innen operiert sie beinhart. Weil das Skandälchen ruchbar wurde, geht sie gegen die Petzen vor. Der RCDS-Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen Boris Schön bekam eine offizielle Rüge – dabei hatte der junge Mann per E-Mail nur dargetan, dass er wegen der Kündigung der Bundesgeschäftsführerin „zerknirscht“ sei. Der RCDS-Gruppe Bremen sollen gar die Gelder für politische Arbeit aus dem Förderkreis des RCDS gesperrt werden; auch da vermuten die reisefreudigen RCDS-Kader eine undichte Stelle.

In Sachen Aufklärung über sein Finanzgebaren hat der RCDS indes viel von der Mutterpartei CDU gelernt. Schatzmeister Bence Bauer weigerte sich strikt, Auskünfte über das Budget des Rings zu geben. Es beträgt nach taz-Informationen rund 425.000 Euro, darunter 70.000 Euro öffentliche Mittel.

CHRISTIAN FÜLLER

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