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Die positiven Folgen des Hochwassers für den Osten

Bei der EU-Kommission in Brüssel geht man davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Straßen und Brücken zu einem „Nachfrageschub“ in Ostdeutschland führen kann. Die Diskussion, ob Berlin den Euro-Stabilitätspakt einhalten kann, sei noch zu früh

„Die 100 Millionen Euro Soforthilfezahlen wir sozusagenaus der Portokasse“

BERLIN taz ■ Der Bundeskanzler hat sich schon mehrfach als ein Meister im schnellen, unkomplizierten Geldversprechen erwiesen. Ihr seid Opfer einer Katastrophe? Ich helfe euch, so lautet auch diesmal seine Botschaft. Doch im Hintergrund raunen seine Finanzexperten: Wer soll das bezahlen? Ist doch die Diskussion, ob Deutschland dieses Jahr wegen zu hoher Neuverschuldung ein blauer Brief aus Brüssel droht, noch kaum verklungen.

Im Finanzministerium hält man solche Befürchtungen für unbegründet: „Die 100 Millionen Euro Soforthilfe bezahlen wir sozusagen aus der Portokasse“, sagte eine Sprecherin der taz. Und die Sonderkredite für die Betroffenen stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung, die Regierung schießt lediglich die Zinssubventionen zu.

Der Zins für die Sonderkredite soll bei Privatleuten um 2 Prozent unter dem marktüblichen Satz liegen, bei Firmen um 1 Prozent. „Da kommen vielleicht 10 Millionen Euro auf uns zu, und das auch erst dann, wenn die Zinsen fällig werden“, so die Sprecherin. Die restlichen Ausgaben tragen die zuständigen Ministerien, „man muss ja auch erst mal feststellen, wo wie viel gebraucht wird“.

Wirtschaftsminister Werner Müller hingegen fordert, über die Folgen der Flut für das deutsche Haushaltsdefizit und einen blauen Brief aus Brüssel müsse es „in den nächsten Wochen noch Diskussionen geben“. In Brüssel selbst hält man eine solche Diskussion für verfrüht. „Erstens wissen wir noch gar nicht, wie hoch die Hilfe letztlich sein wird“, hieß es gestern aus Kommissionskreisen. „Und zweitens wissen wir auch noch nicht, wie sich die Katastrophe wirtschaftlich auswirken wird.“

Denn – auch wenn es zynisch klingt: Die Zerstörungswelle in Ostdeutschland dürfte auch positive Wirkung haben. Häuser und Straßen müssen wiederaufgebaut werden. In Brüssel kann man sich daher einen „Nachfrageschub“ in der Bauwirtschaft vorstellen, und den könnte die Branche gut gebrauchen. Zunächst einmal treffen sich Kommissionspräsident Romano Prodi und die Regierungschefs der vom Hochwasser betroffenen Länder am Sonntag in Berlin, um über EU-Hilfen zu verhandeln.

Seit gestern erhalten die Opfer der Flut erste Finanzhilfen. 400 Millionen Euro hat die Bundesregierung insgesamt zugesagt. 100 Millionen sollen den geschädigten Menschen als Soforthilfe zur Verfügung stehen. 47 Millionen davon hat der Bund bereits am Freitag an die betroffenen Kreise und Städte in Bayern und Ostdeutschland überwiesen. Diese sollen „in eigener Verantwortung“ festlegen, wer wie viel bekommt. Noch hat man freilich in den sächsischen Gemeinden anderes zu tun, als Kritierien für die Soforthilfe festzulegen.

Den Kern der langfristigen Hilfe bilden das KfW-Sonderkreditprogramm über 100 Millionen Euro sowie umfangreiche Steuererleichterungen. Dazu gehören Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Gebäuden und bei der Ersatzbeschaffung von Möbeln, Hausrat oder Autos. Steuern sollen zinslos gestundet, Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Für die Beseitigung von Schäden können bis zu 45.000 Euro abgesetzt werden. Auch die Ausgaben für Wohnung, Hausrat und Kleidung können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.

Darüber hinaus gibt es ein Sonderkreditprogramm für die Landwirtschaft über 100 Millionen Euro plus 10 Millionen Euro Soforthilfe. 25 Millionen Euro stehen für die Behebung der Straßenschäden bereit. Die Deutsche Ausgleichsbank hat mit dem Wirtschaftsministerium vereinbart, jungen Unternehmen mit Sonderdarlehen „großzügig zu helfen“. Die Bundesanstalt für Arbeit will mit 50 Millionen Euro 5.000 befristete Stellen für die Aufräumarbeiten nach der Flut finanzieren.

Auch die Länder haben Soforthilfen in Millionenhöhe beschlossen. So stellt Sachsen Privathaushalten für Schäden über 5.000 Euro eine Hilfe von 500 Euro pro Person, maximal 2.000 Euro pro Haushalt, zur Verfügung. Das zu versteuernde Einkommen muss aber im Jahr 2000 unter 40.000 Euro gelegen haben. Betroffene können sich ab Montag an die Kommunen wenden. IHNO GOLDENSTEINKATHARINA KOUFEN

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