: Take-off in Schönefeld
Die Verhandlungen über Ausbau und Betrieb des Großflughafens Schönefeld stehen vor dem Durchbruch. Noch in dieser Woche soll eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet werden
von RICHARD ROTHER
Nach jahrelangem Hin und Her stehen die Verhandlungen um den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Single-Airport der Region offenbar vor dem Durchbruch. „Wir hoffen, noch vor dem Wochenende den Zieldurchlauf zu schaffen“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern nach seinem Antrittbesuch bei Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). In den Privatisierungsverhandlungen mit dem Bewerberkonsortium sei man vorangekommen. Zuvor müssen jedoch noch die Landesregierungen, der Aufsichtsrat der Projektplanungsgesellschaft PPS und die Gesellschafterversammlung beraten. Das PPS-Gremium kommt am Freitag zusammen.
Auch Wowereit zeigte sich „verhalten optimistisch“, dass noch in dieser Woche eine Art Vorvertrag mit den Investoren geschlossen werden könne. In einem solchen Letter of Intent sollen die Eckpunkte des rund 3,5 Milliarden teuren Infrastrukturprojekts vereinbart werden. Weitere Detailverhandlungen würden dann folgen, bevor das umfangreiche Vertragswerk unterzeichnet werden kann. Dabei geht es um den Verkauf der drei Berliner Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld sowie das Procedere bei Ausbau und Betrieb des neuen Airports am südöstlichen Stadtrand. Bei der ersten, später gescheiterten Privatisierung war das Vertragswerk immerhin über 1.000 Seiten stark.
Die Flughafeneigner Berlin, Brandenburg und der Bund hatten ein mögliches Ende der Verhandlungen mehrfach verschoben, weil das Investorenkonsortium um den Essener Baukonzern Hochtief und die Bonner Immobiliengruppe IVG ungenügende Angebote abgegeben haben soll; das erste Gebot war gar als nicht verahndlungsfähig abgelehnt worden. Das Konsortium wollte laut Berichten zunächst nur 25,5 Millionen Euro zahlen. Die Summe soll später auf 122 Millionen Euro (240 Millionen Mark) aufgestockt worden sein – vorausgesetzt, die EU in Brüssel steuert für den Flughafenausbau rund 100 Millionen Euro bei. Unklar ist darüber hinaus, welche Anteile die öffentliche Hand und welche die privaten Investoren übernehmen sollen. In dieser Frage sei man sich jetzt aber näher gekommen, sagte Platzeck. Zu Details wollten sich beide Länderchefs gestern jedoch nicht äußern.
Kritiker des Projekts befürchteten bislang, dass mögliche Risiken beim Flughafenbau bei den öffentlichen Haushalten verbleiben könnten, während den Investoren mögliche Gewinne zustünden. Als Alternative hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di ein Modell ins Spiel gebracht, nach dem der Flughafen zunächst öffentlich finanziert und möglicherweise anschließend verkauft werden könnte. Die schwierige Haushaltslage in Berlin und Potsdam ließ die Chancen der Realisierung dieses Modells allerdings sinken.
Nach den bisherigen Planungen soll der ausgebaute Flughafen Schönefeld 2007/2008 in Betrieb gehen. Spätestens dann sollen die innerstädtischen Airports Tegel und Tempelhof geschlossen werden. Allerdings wird erwartet, dass der Eröffnungstermin für das wichtigste Infrastrukturprojekt der Region nicht zu halten sein wird. Zudem haben betroffene Anwohner angekündigt, gegen die Flughafenplanungen klagen zu wollen.
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