: geläufig Owe der grossen nöte
„Ich spür ain tier / mit füssen brait, gar scharpf sind im die horen; / das wil mich tretten in die erd / und stösslichen durch boren. / den slund so hat es gen mir kert, / als ob ich im für hunger sei beschert, / Und nahet schier / dem herzen mein in befündlichem getöte; / dem tier ich nicht geweichen mag. / owe der grossen nöte, / seid all mein jar zu ainem tag / geschübert sein, die ich ie hab verzert. / Ich bin erfordert an den tanz, / do mir geweiset würt / all meiner sünd ain grosser kranz, / der rechnung mir gebürt. / doch wil es got, der ainig man, / so wirt mir pald ain strich da durch getan.“ Oswald von Wolkenstein, der vielleicht größte spätmittelalterliche Dichter deutscher Zunge, der diese Verse schrieb, erlebte zwischen 1376 und 1445 viele Abenteuer, war mehrfach inhaftiert, wurde von seiner geliebten „Hausmannin“ verraten, war Gesandter des Königs, bereiste Ungarn, Schottland, Portugal und kehrte doch immer wieder nach Tirol, seiner Heimat, zurück. Beim Streit zwischen dem Domkapitel von Brixen und dem neuen Bischof Ulrich Putsch schlug ihm Oswald, der da schon am Stock ging, mit der Faust ins Gesicht. Ein derber Mann. Seine Gedichte und Verse beschreiben allerdings nicht nur bittre Pein, sondern sind oft auch lustige Trink- oder beißende Spottlieder. Heute Abend wird in der so genannten Lobby im Dussmann-Haus ein Einblick in Wolkensteins Liedschaffen gegeben, das Ensemble Alta Musica wird dabei dem Gesang auch nur jene Instrumente beistellen, die zu Oswalds Zeiten schon benutzt wurden: Saitentambourin, Schalmei und Pommer. SUN
Dussmann, 18 Uhr
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