: Eine kurze Abwechslung vom Alltag
Oberligist Tennis Borussia verpasst bei der 1:2-Niederlage gegen den schwachen Zweitligisten St. Pauli den Einzug in die zweite Runde des DFB-Pokals. Dem jungen Team mangelt es an der Chancenverwertung. Nun muss es weiter im Fußballkeller üben
von MARCUS VOGT
Zwei Jahre ist es her, dass Tennis Borussia auf überregionaler Fußballbühne präsent war, doch seit dem Zwangsabstieg in die vierte Liga nach dem Finanzdebakel bestimmt der beschauliche Amateurfußball das Geschehen an der Waldschulallee. Mittwochabend kam jedoch der Verkehr zum Erliegen, das Spiel musste mit zehnminütiger Verspätung angepfiffen werden, denn viele der 2.597 Fans verstopften die wenigen Eingänge, und auch das Wetter schlug Kapriolen, als Minuten nach dem Anpfiff ein heftiger Regen einsetzte. So sah sie also aus, die „willkommene Abwechslung zum Oberliga-Alltag“ wie es TeBe-Fans im Internet deklariert hatten – und alles nur, weil Zweitligist St. Pauli das Mommsenstadion beehrte.
Die Hamburger schienen der passende Gegner: drei Niederlagen in Folge, 1:14 Toren. „Je länger wir zu null spielen, umso besser für uns“, sagte Armin Prill vor dem Anpfiff, doch St. Paulis Stürmer Nico Patschinski, letzte Saison ihr bester Torjäger in Liga eins, bugsierte bereits nach vier Minuten den Ball über die Linie und warf damit die Taktik von TeBe-Trainer Ränke über den Haufen. „Wir wollten den Gegner herauslocken“, sagte der Übungsleiter, der darauf spekuliert hatte, dass seine schnellen Spitzen die alternden Pauli-Verteidiger Stanislawski und Scheinhardt überrennen würden. Torschütze Patschinski hatte das Gastspiel in Berlin zuvor als „lösbare Aufgabe“ im Hinblick auf den Klassenunterschied bezeichnet, doch davon war nach etwa 20 Minuten nichts mehr zu sehen, als die Charlottenburger den frühen Rückstand verarbeitet hatten. Der quirlige Shergo Biran stellte wie sein Sturmkollege Przemyslaw Wegier die Hamburger Hintermannschaft vor große Rätsel, Jan Walle gab der Offensive die nötigen Impulse. Allein das Tor wollte zunächst nicht fallen, da die Hanseaten im wahrsten Sinne des Wortes nicht mitspielten, sondern mit massierter Deckung und wenigen Kontern das Spiel über die Zeit zu schaukeln versuchten. Zudem fehlte es den jungen Berlinern an Abgebrühtheit. „Wir waren vorne zu verspielt“, übte sich Sebastian Radtke in Selbstkritik ob der vielen Chancen, die er sowie seine Kollegen vergaben. „Wir hatten 80 Prozent Spielanteile“, ereiferte sich Verteidiger-Routinier Sven Meyer und ärgerte sich über die vergebene Chance auf die zweite Runde des DFB-Pokals: „Wenn du 1:0 gegen so eine Mannschaft zurückliegst, schießen die dich normalerweise ab.“
Das taten die St. Paulianer nicht, auch wenn der Chinese Chen Yang den zweiten Treffer für die Kiez-Kicker erköpfelte (64.), wobei TeBe-Keeper Thomas Joos wie schon beim ersten Tor nicht gut aussah. Der kurz zuvor eingewechselte Sebastian Radtke markierte zwar fix den Anschlusstreffer (66.), aber Walle (68.) und Wegier (71.) vergaben den Ausgleich. „Es wurmt mich mächtig, dass wir gegen so eine höherklassige Mannschaft ausgeschieden sind“, moserte Ränke verständlicherweise hinterher. Aber wer weiß, was passieren würde, wäre beispielsweise Bayern München nächster Pokalgast im Mommsenstadion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen