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Erster Punkt gegen das Pflichtpfand

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Verpackungsverordnung ist rechtswidrig. Gesetzliche Grundlage fehlt. BUND befürchtet Präzedenzfall für gesamtes Umweltrecht. Umweltminister Trittin hält dennoch an Pflichtpfand für Dosen zum 1. 1. 2003 fest

BERLIN taz ■ Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat das Pflichtpfand auf Einweg-Getränkeverpackungen vorerst gestoppt. Es entschied, die entsprechende Regelung in der Verpackungsverordnung habe keine gesetzliche Grundlage und sei daher rechtswidrig. Damit beendeten die Einweghersteller ihre Serie von Niederlagen vor Gericht. Das Land Nordrhein-Westfalen kündigte an, Sprungrevision beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zeigte sich entsetzt. Er befürchtet einen Präzendenzfall für die gesamte Umweltgesetzgebung. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) betonte, es bleibe bei der Pfandeinführung zum 1. Januar.

Die Verpackungsverordnung aus dem Jahr 1991 sieht grundsätzlich eine Pfandpflicht für Einweg-Getränkeverpackungen vor, die nur ausgesetzt ist, solange der Mehrweganteil über 72 Prozent liegt. Dies ist bereits seit 1997 nicht mehr der Fall.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied jetzt, dass die Anknüpfung an diese Quote unzulässig sei. Das Abfallgesetz ermächtige den Bundesumweltminister nur zu einem Pflichtpfand, um die Rückgabe der Verpackungen sicherzustellen. Die aktuelle Fassung der Verordnung diene dagegen dem Zweck, den Mehrweganteil zu erhöhen. So viel Gestaltungsspielraum habe der Verordnungsgeber jedoch nicht. Zudem hätte das Gesetz nach Ansicht der Richter einen Schwellenwert vorsehen müssen, da der Gesetzgeber nach dem Grundgesetz alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss und sie nicht dem Verordnungsgeber überlassen darf.

„Wenn das Gerichtsurteil damit begründet ist, dass es eine Verordnung und kein Gesetz ist, dann hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verheerende Auswirkungen für die Umweltgesetzgebung in Deutschland“, sagte BUND-Abfallreferent Walter Jungbauer. Große Teile des Umweltrechts sind nur in Rechtsverordnungen geregelt. „Wie erwarten, dass Trittin Einspruch erhebt und die Verordnung zum 1. 1. in Kraft tritt.“ Der sechsmonatige Umstellungsprozess sei angelaufen. Einzelhändler hätten bereits Investitionen getätigt.

Getränkehersteller und -händler hatten damit gedroht, im Falle einer Rücknahme der Pfandpflicht Schadensersatzansprüche zu stellen. (Az.: 17 K 1907/02) NIE/SPI

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