Immerfort am Bersten

András Schiff „& Friends“ in beispielhaften Konzerten mit Kammermusik von Schubert

„Ich bin zu Ende mit allen Träumen“, heißt es inFranz Schuberts „Winterreise“. Einen ganzen Reigen des Lebensgefühls des im Alter von 31 Jahren gestorbenen Komponisten gab es beim Musikfest zu hören.

Drei „Schubertiaden“ also, in – wie erwartet – äußerst kompetenten Interpretationen von András Schiff (Piano), der Geigerin Yuuko Shiokawa, des Cellisten Mikos Perényi und des „Quatuor Mosaiques“. Schiff liebt es, sich umfassend mit einem Komponisten zu beschäftigen: Welche Intensität und Tiefe dabei herauskommt, hat er in Bremen schon mit seltenen Werken von Mozart und Beethoven nachgewiesen – ein deutliches und erfreuliches Bekenntnis zur Konzeption gegenüber dem Event.

Nun also Schubert. Dass Schiff seine kleine Kammermusiktruppe so modisch „András Schiff & friends“ nennt, zeigt zugleich etwas Stilistisch-inhaltliches an: Der ungarische Pianist ist absolut dominant, gelegentlich auch über die erforderliche Homogenität der Kammermusik hinaus. Im ersten Satz des Klaviertrios in Es-Dur war die Zurückhaltung von Shiokawa und Perényi fast erschreckend, verlor sich aber in den nächsten Sätzen, in denen die beiden Streicher eine warme Sensibilität zeigten. Dass aber alle Impulse von Schiff ausgingen, darüber ließ sich nicht hinweghören – die sind ja auch wunderbar: Sein so glasklares, gut artikuliertes Spiel ist ebenso poetisch, wie es unerbittlich nach vorn zieht. Das galt noch mehr für die Wiedergabe des „Forellen-Quintettes“, jenem ausnahmsweise fast fröhlichen Werk mit seinen deftigen tänzerischen Elementen. Das perlte und strahlte, dass es eine helle Freude war.

Dann das Werk, das nicht wenigen Menschen die Tränen in die Augen treibt: Das Streichquintett in C-Dur, geschrieben im September 1828, einen Monat vor Schuberts Tod. Das „Quatuor Mosaiques“ legte zu Recht das Hauptgewicht auf den überragenden langsamen Satz mit seinen verschiedenen Zeitebenen und seinen unerhörten Ausbrüchen, die der Musikwissenschaftler Peter Gülke mit „immerfort im Bersten“ bezeichnet.

Mit glühender Intensität wurde das ausgeführt, wobei allerdings Erich Hörbarth sehr unterschiedlich wirkte. Neben geradezu verfizzelten und kaum hörbaren Stellen geriet ihm anderes überirdisch schön.

Ute Schalz-Laurenze