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berliner szenen Das Leiden der Bärbel M.

Angst vor Alzheimer

Die Angst vor Alzheimer greift um sich. In Fußgängerzonen und Stadtteilzentren finden immer mehr Informationsveranstaltungen zu dieser pathologischen Störung der Hirnleistung statt. Zynische Menschen sprechen inzwischen von einer regelrechten Modekrankheit. Regelmäßig berichtet der Berliner Kurier über den Zustand des berühmten US-amerikanischen Alzheimer-Patienten Ronald Reagan. Rundfunk und Fernsehen liefern mehr und mehr Hintergründe über den Verlauf des mysteriösen Leidens, über experimentelle Forschungsmethoden, neue Heilungsansätze. Letzte Woche zeigte ein privater Fernsehsender einen Spielfilm mit der Schauspielerin Meryl Streep. Die an Alzheimer erkrankte Hauptdarstellerin fuhr ziellos mit dem Auto durch weite Landschaften, stürzte Treppen herunter, vergaß die Namen ihrer Verwandtschaft.

Seit einigen Monaten verabreicht auch die 59-jährige Apothekerin Bärbel M. ihrem Ehemann Tabletten gegen Alzheimer. Reinhard M., ein frühpensionierter Diplomingenieur, hat bisher zwar keine geistigen Verfallserscheinungen an sich entdecken können, vertraut jedoch seiner Frau. Immerhin ist sie Apothekerin. Bärbel M. ist von der Erkrankung ihres Mannes fest überzeugt. Sie besteht auf der regelmäßigen Einnahme der Medizin, erhöht bisweilen die Dosis. Die beiden sind über 35 Jahre miteinander verheiratet.

Seit Reinhard M. dreimal am Tag die Tabletten konsumiert, ist sein bisher leicht erregbares Wesen sanfter geworden, die Bewegungen haben sich verlangsamt. Immer öfter erscheint er nur noch im Bademantel an der Haustür. Vor kurzem hat Bärbel M. einen kostspieligen Indonesien-Urlaub alleine angetreten. Die Ehe der M.s ist nie besonders gut gewesen. KIRSTEN KÜPPERS

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