: metamorphosen
Wolfgang Müller
Vom liebestollen Gott Apoll bedrängt verwandelt sich die Nymphe Daphne in einen Lorbeerbaum. Ovid hat das Drama in seinen „Metamorphosen“ beschrieben. Eine solche Flucht liegt auch den Zeichnungen von Wolfgang Müller zu Grunde – allerdings als Kolportage deutscher Kulturpolitik. Nach einem Streit um Urheberrechte musste der Berliner Künstler eine von ihm in Island gegründete Goethe-Stiftung in Walther-von-Goethe-Foundation umbenennen (s. taz v. 8. 10.). Das Procedere ist nun Gegenstand einer achtteiligen Serie, die nach Art gezeichneter Moritaten die Geschichte nacherzählt. Dabei bleibt der Urheber stets präsent: Johann Wolfgang von Goethes Schrift über die „Metamorphose der Pflanzen“ bildet in Müllers Adaption die Folie für die Zeichnungen, in denen biografisches Material, Alltagsbeobachtungen und Phänomene aus der Botanik zusammengehen. Dann verkleidet sich ein isländischer Gymnasiast zur Abiturfeier als „Kotyledone“: Er wird zum Keimblatt der so genannten Goethepflanze, die um 1820 in Indien entdeckt wurde. Diese Pflanze wiederum war für Goethe der Beweis, dass die Grundform bei der Metamorphose der Pflanzen immer das Blatt ist. Ähnlich verschlungen taucht plötzlich eine isländische Telefonnummer auf, die zu einem Anrufbeantworter führt, der Sinnsprüche über Kunst und Leben gespeichert hat. Am Ende sind Müllers Metamorphosen keine Rätsel, sondern Baupläne für alltägliche Erfahrungen. hf
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