: Mit Spaß nach Schönefeld
Gewerkschaft Ver.di kritisiert die Verkehrsanbindung am künftigen Großflughafen. Das Airport-Umfeld müsse schon jetzt verbessert werden. Komplettprivatisierung abgelehnt
Der Flughafen Schönefeld ist nur ungenügend an den Verkehr angebunden. Diese Auffassung äußerte gestern die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, die bei den laufenden Privatisierungsverhandlungen des Berliner Flughafenssystems die Interessen der Beschäftigten vertritt. „Es muss Spaß machen, nach Schönefeld zu kommen“, so der Chef des Ver.di-Landesbezirks Brandenburg, Werner Ruhnke. Das gesamte Flughafenumfeld müsse noch vor der Eröffnung des neuen Großflughafens zügig entwickelt werden, günstige Parkgebühren allein reichten nicht. Ruhnke: „Man hat im Moment nicht den Eindruck, dass in Schönefeld ein international bedeutender Airport entstehen soll.“
Obwohl Ruhnke den Standort Schönefeld für falsch hält, fordert das Aufsichtsratsmitglied der Berliner Flughafengesellschaft die Förderung des Standortes am südlichen Stadtrand. Zwar seien Sperenberg oder Jüterbog bessere Alternativen gewesen, „aber das ist Geschichte“. Angesichts der getroffenen Entscheidung für Schönefeld müsse jetzt das laufende Planfeststellungsverfahren zu Ende gebracht werden. Von den Flughafenplanern forderte Ruhnke, sich auf eventuelle Risiken, die im Privatisierungs- und Planverfahren steckten, besser einzustellen.
Der Gewerkschafter kritisierte, dass die Beschäftigtenvertreter über den Stand der laufenden Privatisierungsverhandlungen nicht informiert worden seien. Die Arbeitnehmervertreter müssten an den Verhandlungen beteiligt werden, forderte Ruhnke. Die Flughafengesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund wollen Verhandlungen mit dem Investorenkonsortium um Hochtief und IVG bis Ende November zum Abschluss bringen. Im Sommer war eine Art Vorvertrag mit den Investoren geschlossen worden. Der ausgebaute Flughafen Schönefeld soll im Jahr 2010 in Betrieb gehen und die innerstädtischen Airports Tegel und Tempelhof ersetzen.
Erneut kritisierte Ruhnke die geplante komplette Privatisierung der Berliner Flughäfen. Damit gebe die Politik jeden Einfluss auf ein wichtiges Infrastrukturprojekt aus der Hand. Zumindest eine Sperrminorität hätte in öffentlicher Hand verbleiben müssen. Die Gewerkschaft forderte die Rechnungshöfe des Bundes sowie von Berlin und Brandenburg zur Überprüfung der Kaufverträge auf, bevor diese unterzeichnet werden.
Unterstützung erhielt Ruhnke gestern vom CDU-Verkehrsexperten Alexander Kaczmarek. Bleibe es bei der Komplettprivatisierung, könne Berlin nur noch eine Zuschauerrolle spielen – „während Brandenburg wenigstens die luftverkehrsrechtliche Zuständigkeit behält und die Gemeinde Schönefeld die Steuereinnahmen bekommt.“ RICHARD ROTHER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen