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Frech-poetisch

Sie sang, sprach, quietschte, johlte, gurgelte: Gabriele Hasler auf dem letzten Konzert der Reihe „Herbsttage“

„Herbsttage – Festtage für Bilder, Worte und leise Töne“ heißt das kleine, aber feine Festival im Bremer Kubo, im Bremer Theater, im Künstlerhaus und in der Schauburg.

Der Bremer Komponist Jörn Schipper hat es gestaltet, die sechs Konzerte beleuchteten vielfältig unterschiedliche Texte: von Rosa Luxemburg, Alan Ginsburg, William Shakespeare, Yoko Tawada und Gertrude Stein.

An deren Texten hat die Bremer Sängerin Gabriele Hasler schon lange einen Narren gefressen. So war sie es, die mit ihrem langjährigen Duopartner Roger Hanschel unter dem Titel „Pigeon“ ein lustvolles kleines Text-Musik-Ereignis in Szene setzte.

Ein Ereignis, von dem Hasler meinte, dass Gertrude Stein nicht einverstanden sein würde – und Hanschel, dass sie ganz sicher begeistert wäre. Das Fragmentarische der amerikanischen Avantgarde-Dichterin fragmentierte Hasler mit ihrer Musik noch mehr, einfühlsam unterstützt und ergänzt von den zarten Altsaxophon-Tönen Hanschels.

Der kann so unglaublich leise, unglaublich poetisch und ungemein frech spielen, dass es eine helle Freude ist, ihm zuzuhören. Auch der Dialog mit Hasler geriet spannungsvoll und aufmerksam. Gelegentlich wagten die beiden einen durchaus dramatischen Aufbau, um schnell wieder in das so genannte Experimentelle zu verfallen.

Haslers Musik lässt sich sowieso nicht einordnen, speist sich aus vielen Quellen. Ihre Stimme scheint ihren Ideen keine Grenzen zu setzen, was auch immer ihr einfällt an Witz, an Narrativität, an Erinnerung, an Lautmalerei, Hasler verlegt es perfekt in ihre umfangreiche Stimme, die singt, spricht, quietscht, johlt, gurgelt mit allen Zwischentönen, der Kurt Schwitters ähnlich kein Laut fremd zu sein scheint. Insgesamt ein komprimierter, dichter Abend, der angenehm unaufgesetzt zart und leise daherkam.

Ute Schalz-Laurenze

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