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Mehr Dynamik für den Flugverkehr

Nach Amerika fliegen wird billiger: Europäischer Gerichtshof beanstandet Luftfahrtabkommen einzelner EU-Mitglieder mit den USA. Künftig wird Brüssel Start- und Landerechte verhandeln. Wettbewerb der Airlines wird zunehmen. Fusionen erwartet

von CHRISTIAN RATH

Flüge in die USA werden mittelfristig billiger werden. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) dürfen Luftverkehrsabkommen mit den USA künftig nur noch von der EU-Kommission und nicht mehr von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten ausgehandelt werden. Und das heißt vermutlich: Es gibt mehr Wettbewerb.

Bislang ist der Luftverkehr noch stark vom Gedanken der nationalen Souveränität geprägt. Jeder Staat hat die Hoheit über seinen Luftraum. Bevor grenzüberschreitend geflogen werden kann, müssen bilaterale Verträge zwischen den beteiligten Staaten ausgehandelt werden. So haben die USA bereits seit den 50er-Jahren mit den Staaten Europas Flugverkehrsabkommen geschlossen, die in den 90er-Jahren unter dem Motto „Open Skies“ modernisiert wurden.

Neben Deutschland schlossen Mitte der 90er-Jahre auch sechs weitere EU-Staaten (Schweden, Finnland, Dänemark, Belgien, Luxemburg und Österreich) derartige Abkommen mit den USA. Die EU-Kommission hätte allerdings lieber ein gesamteuropäisches Abkommen mit der US-Regierung ausgehandelt, erhielt jedoch von den EU-Regierungen zunächst keinen Verhandlungsauftrag und später nur ein begrenztes Mandat, das nicht zum Erfolg führte.

Der Kommission geht es dabei nicht nur um eine Stärkung ihrer Machtposition, nach Brüsseler Ansicht behindern die bilateralen Abkommen auch den Wettbewerb und führen zu verkrusteten Strukturen. So reserviert etwa das deutsch-amerikanische Abkommen die Flüge zwischen Deutschland und den USA für deutsche und amerikanische Fluggesellschaften. Air France oder British Airways haben keinen Anspruch auf Zugang zu diesem Markt. Umgekehrt kann aber auch die Lufthansa nicht einfach von Stockholm oder Wien in die USA fliegen.

Nach Auffassung der EU-Kommission dient dieser Protektionismus nicht nur den traditionellen nationalen Fluggesellschaften, sondern vor allem der US-Konkurrenz. Denn diese kann aufgrund der zahlreichen US-Abkommen in ganz Europa landen, während die europäischen Gesellschaften nur jeweils wenige US-Routen befliegen können.

Eine Klage der EU-Kommission gegen Deutschland und die anderen sechs EU-Staaten hatte nun Erfolg. Die EU-Staaten dürfen keine eigenen Abkommen mehr aushandeln, wenn dadurch gemeinsame europäische Rechtsnormen beeinträchtigt werden, so die EU-Richter unter Bezug auf ältere Urteile. Da im Flugsektor bereits seit 1992 ein Binnenmarkt mit gemeinsamen Regeln bestehe, hat hier nun die EU-Kommission die „ausschließliche Außenkompetenz“, insbesondere wenn es um Preise und Buchungssysteme geht.

Beanstandet wurde vom EuGH auch, dass die bilateralen Verträge die EU-Niederlassungsfreiheit beeinträchtigen. So dürfe etwa ein in Deutschland ansässiges Flugunternehmen nicht von ausländischen Kapitalgebern übernommen werden, weil es sonst alle Rechte aus dem deutsch-amerikanischen Abkommen verlieren würde.

Das EuGH-Urteil dürfte also nicht nur für mehr Wettbewerb, sondern auch zu mehr Airline-Fusionen führen. Lufthansa-Chef Jürgen Weber geht ohnehin davon aus, dass in Europa letztlich nur seine Linie sowie Air France und British Airways überleben werden.

Um die transatlantischen Flugabkommen verhandeln zu können, benötigt die Kommission nun noch ein klares Mandat des EU-Ministerrats. Experten glauben, dass die Umwandlung von hunderten zweiseitiger Abkommen in einen großen multilateralen Vertrag Jahre dauert.

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