: Die Träne in der Musik
„Musica Britannica“: Das Ensemble „Weser-Renaissance“ mit Manfred Cordes beginnt heute einen wunderschönen Zyklus mit englischer Musik des 16. und 17. Jahrhunderts
Ausverkaufte Konzerte gab es in der Reihe des Ensembles „Weser-Renaissance“ in der vergangenen Saison, als sich die Gruppe mit „Italienischer Festmusik“ beschäftigte. Grund genug, eine neue Reihe zu wagen: Heute findet im St. Petri-Dom das erste Konzert des Zyklus „Musica Britannica“ statt. Gefragt, was das Besondere an der englischen Renaissance-Musik sei, sagt der Leiter Manfred Cordes: „Dass sie so eine Träne hat, also ihre tiefe Melancholie“.
Nicht nur diesen Aspekt bieten die vier Konzerte, sondern die ganze Vielfalt, den Reichtum an Klangfarben und Formen der vielen Gattungen, die im Engalnd des späten 16. Jahrhunderts als Folge der politischen Situation entstanden waren. Seit dem Sieg über die spanische Armada (1588) genoss England eine Weltmachtstellung. Ein zweter produktiver Faktor war die Spannung zwischen der anglikanischen Staatskirche und dem Katholizismus. Das Ergebnis: Mit ihrer eigenartigen, nahezu sinnlichen Klanglichkeit hatte die englische Musik großen Einfluss auf die Entwicklung auf dem Kontinent.
So gibt es heute abend Musik zur Krönung James II, für die auch der englische Komponist Henry Purcell einiges beigesteuert hat: Werke für Gesangssolisten, Trompetenensemble, Kammerchor und Streichorchester sind zu hören. Madrigale und Fantasien gibt es dann am 16. Januar 2003 in der Glocke.
Der Madrigalgesang wurde unter italienischem Einfluss am Ende des 16. Jahrhunderts derart zur Mode, dass der Komponist Thomas Morley berichten konnte, es sei ein Zeichen mangelhafter Bildung, wenn jemand nicht in der Lage war, eine Madrigalstimme vom Blatt zu singen.
Mit „Come sweet love“ ehrt man am 27. Februar in der Glocke den großen englischen „Tränenmusiker“ John Dowland, dessen leidenschaftlicher Ausdruck mit zum „Schönsten gehört, was je für Sologesang geschrieben wurde“ (Henry Raynor). Den Abschluss bilden am 27. März – wiederum im St. Petri Dom – Passionsmusiken verschiedener Komponisten, die die berühmten „Lamentationes Hieremiae“ aus dem Alten Testament als Textgrundlage haben.
Ute Schalz-Laurenze
Karten für alle genannten Konzerte gibt es unter ☎ (0421) 33 66 99
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