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Die zwei Gesichter des Terminators

Arnie lässt grüßen: Jet Li macht sich in James Wongs Actionfilm „The One“ in den Paralleluniversen auf die Suche nach Doppelgängern

Man kann nicht behaupten, dass Hollywood seinen Hongkong-Immigranten bisher viel Respekt entgegengebracht hat. Nachdem die erste Generation mit John Woo, Tsui Hark und Ringo Lam zunächst einmal geschlossen durch die Jean-Claude-Van-Damme-Tretmühle musste, bekommt nun auch Martial-Arts-Wunderjunge Jet Li nach hoffnungsvollem Hollywoodstart mit „The One“ die Vandammisierung langsam am eigenen Leib zu spüren.

„The One“ ist ein unverzeihlicher Rückfall in die Achtzigerjahre, als Terminatoren und „Universal Soldiers“ ihre mimische Limitiertheit noch als maschinistische Coolness nachgesehen werden konnte. Jet Li beherrscht in „The One“ genau einen Gesichtsausdruck mehr als Arnies Terminator, und das auch nur, weil er zwei Rollen mit Leben erfüllen muss. Jeder eben so gut, wie er kann.

Dass „The One“ daherkommt wie Klein-„Matrix“ ist dabei gar nicht mal das Problem – wahrscheinlich ist „Matrix“ sogar nicht einmal viel schlauer. Nur weiß Regisseur James Wong das weniger geschickt zu überspielen. Tiefgründige philosophische Exkurse werden sanft im Spagat abgefangen und mit komplizierten Schlag- und Tritttechniken kurzerhand beendet. Diese anfangs noch erfrischende Antiintellektualität hat aber spätestens nach der Hälfte stark an Reiz verloren, weil der Film zwischen den Actionstoßzeiten allzu bedächtig vor sich hinplätschert. In Zeiten des Zwei-Stunden-plus/minus-fünf-Minuten-Hollywoodfilms merkt man erst einmal wieder, wie lang 81 Minuten eigentlich sein können. Danke schön auch dafür.

Der Doppelgängergimmick von „The One“ besteht in dem Konzept eines „Multiversums“: 125 Paralleluniversen also, die in Personal und Entwicklungsstand identisch sind. Das System findet sich in vollkommener Balance – bis Jet Li sich in der Rolle eines ehemaligen Agenten des Multiverse Bureau of Investigation (MBI) auf die Reise durch die Parallelwelten macht, um seine Alter Egos auszuschalten und ihre „Energie“ in sich aufzunehmen. Jet Lis Gabriel Julaw, ein untadeliger Polizist des Los Angeles Police Departments, ist der letzte Überlebende dieser gewaltsamen Machtergreifung, Unterstützung bekommt er von zwei Agenten des MBI.

Der Kritiker der Village Voice, glaube ich, war’s, der den Fehler gemacht hat, „The One“ mit Wongs letztem Film „Final Destination“ zu vergleichen. Es ist natürlich ein rühriger Anachronismus, den Hollywoodfilm heute noch mit den Methoden des „Auteurismus“ bewerten zu wollen.

Filme wie „The One“ sind reine Geldmaschinen wie aus den Produktionsstudios von Roger Corman. Das Manko ist nur, dass B-Movies heute fast ausnahmslos mit A-Budgets gedreht werden. Ein Trash(viel)filmer wie Fred Olen Ray (u. a. „Hollywood Chainsaw Hookers“, „Attack of the 60 Foot Centerfold“, „Alienator“) dagegen hätte auf „The One“ zu Recht stolz sein können.ANDREAS BUSCHE

„The One“. Regie: James Wong. Mit Jet Li, Carla Gugino, Jason Statham, Delroy Lindo. USA 2001, 81 Min.

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