: Weihnachten stets Zeitgeist
Betr.: „Kirche macht Rückzieher“, taz bremen vom 15.11.2002
Es würde mich rasend interessieren, woher Klaus Wolschner weiß, dass „die Teilnahme“ am Weihnachtsfest „von der katholischen Kirche über Jahrhunderte verboten war“? Katholiken müssen sich ja viel an Unterstellungen gefallen lassen. Doch so blöd sind die „Katholen“ denn doch nicht, dass sie ein Fest, das sie selbst – laut Wolschner – „spät erfunden“ haben, zu feiern verbieten. Zweitens lässt die Betonung von „katholisch“ vor Kirche vermuten, Protestanten feierten das Fest fröhlich. Kleiner Makel: Die gab‘s erst über 1.000 Jahre später. Und drittens gab man bei der Einführung zu allererst dem – innerkirchlichen – „Zeitgeist“ nach. Die Christen der ersten Jahrhunderte interessierte nämlich lediglich die Auferstehung Jesu. Erst ab Ende des 2. Jahrhunderts interessierte man sich langsam für die Geburt Jesu. Weil man dessen Geburtstermin der Bibel nicht entnehmen konnte, tat man, was man in unseren Gegenden Jahrhunderte später mit heidnischen Heiligtümern auch tat: Man überbaute sie mit Kirchen. Im Falle von Weihnachten besetzte man das arg späte – erst 274 n. Christi Geburt eingeführte – heidnische Fest des „sol invictus“ am 25. 12. anno 336 in Rom mit dem Fest der Geburt Jesu. Man gab damit dem Feiertag einen neuen christlichen Inhalt und beseitigte ihn so erfolgreich, dass wir das Fest heute noch feiern. Das wiederum entsprach in der Tat dem „Zeitgeist“, denn die fröhlich kopulierende, hurende und tricksende römische Götterwelt war inzwischen peinlich geworden. Kurzum: So „pikant“ ist der Punkt nun doch wieder nicht.
Wilhelm Tacke
Lieber Herr Tacke, Sie haben mal wieder Recht. Der Anwalt der Jehovas konnte mir die Quelle seiner Behauptung, die ich ungeprüft übernommen hatte, bisher nicht angeben. Meine Recherche hat ergeben: Nicht die fröhliche katholische Kirche, sondern die strengen Puritaner haben das Weihnachtsfest mit der Begründung, es sei „heidnisch“, mehrfach verbieten wollen. Klaus Wolschner
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