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Öl aus TeersandEin schmutziges Geschäft

Der Protest gegen das klimaschädliche Öl aus Teersand wächst. Die EU-Kommission schlägt ein Importverbot vor, in den USA mobilisieren Aktivisten.

Proteste gegen die geplante Ölpipeline. Bild: dapd

BRÜSSEL taz | Der Widerstand gegen die besonders umweltschädliche Gewinnung von Öl aus Teersand nimmt zu, in den Vereinigten Staaten ebenso wie in der Europäischen Union. Am Wochenende wollen Aktivisten das Weiße Haus in Washington umstellen, um gegen den geplanten Bau einer Ölpipeline von Kanada nach Texas zu protestieren.

Die Keystone-XL-Pipeline soll eigentlich ab 2013 täglich bis zu 830.000 Barrel Öl aus den kanadischen Teersandreserven in die USA bringen. Aber US-Präsident Barack Obama hat die Entscheidung über die Baugenehmigung bereits mehrfach verschoben.

Er befürchtet, dass ihn eine Genehmigung Wählerstimmen kosten könnte. Spender haben ihm bereits angedroht, seinen Wahlkampf nicht mehr zu finanzieren, wenn er der Pipeline zustimmt. Selbst viele seiner Parteikollegen von den Demokraten haben sich öffentlich gegen den Bau ausgesprochen.

Auch in Brüssel haben die Lobbyisten der kanadischen Ölproduzenten zurzeit keinen leichten Stand. Die EU-Kommission will den Import von Öl, das aus Teersand gewonnen wird, im Rahmen der Kraftstoffqualitätsrichtlinie verbieten. Die CO2-Bilanz sei einfach zu schlecht, heißt es von der Brüsseler Behörde. Denn das Öl muss unter hohem Energieaufwand aus dem Sand gelöst werden.

Benzin, das aus herkömmlichem Rohöl gewonnen wird, hat nach Berechnungen der EU-Kommission eine Treibhausgasbilanz von 87,5 Gramm pro Megajoule. Bei aus Teersand gewonnenem Benzin sind es 107 Gramm. Dabei werden Förderung, Aufbereitung, Transport und Verbrennung berücksichtigt.

Mit dem Verbot will die EU-Kommission das Ziel der Union, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu senken, weiter unterstützen. "Das ist eine wirklich gute Nachricht. Die Ölgewinnung aus Teersand ist ein unglaublich schmutziges Geschäft - nicht nur für das Klima. Flüsse und die Luft in den Abbaugebieten werden verschmutzt, Wälder und Moore zerstört", sagt Franziska Achterberg von Greenpeace in Brüssel.

Auswirkungen auf die Ökosysteme

Der Gewinnungsprozess für Öl aus Teersand verbraucht sehr große Mengen an Wasser. Außerdem hat der Sandabbau enorme Auswirkungen auf die Ökosysteme. In der kanadischen Provinz Alberta zerstörte diese Form der Ölextraktion vollständig Wald, Moore und Flüsse.

Franziska Achterberg hofft, dass die Kommission standhaft bleibt und nicht unter dem Druck der kanadischen Lobbyisten einknickt. "Die Lobby ist unglaublich aggressiv, aber die Kommission tut das Richtige, wenn sie den Teersand aus Europa raushalten will, um das Klima zu schützen", sagt Achterberg.

Außerdem fordert Greenpeace Deutschland auf, den Vorschlag der Kommission zu unterstützen. Bisher gibt es zwar Zustimmung aus dem Berliner Umweltministerium, aber das Wirtschaftsministerium blockiert. "Wenn Deutschland sich nicht klar auf die Seite Europas stellt, heißt es, die Regierung unterstütze Kanada bei seinem Plan, Teersand als saubere Energiequelle zu verkaufen", sagt Achterberg. "Das ist inakzeptabel."

Für Kanada geht es um beträchtliche Wirtschaftsressourcen. Etwa ein Drittel des weltweiten Teersandvorkommens liegt in dem Land. Rund 180 Milliarden Barrel sind gegenwärtig wirtschaftlich abbaubar und könnten eine Alternative zu herkömmlichen Ölreserven bieten.

Für Anfang Dezember wird die Entscheidung der EU-Staaten über das Importverbot erwartet. Die Kommission ist zuversichtlich, dass es eine Mehrheit bekommt - trotz des bisherigen Zögerns aus Berlin. Auch das Parlament muss den Vorschlag abnicken. Dann erst gibt abschließend die EU-Kommission die Genehmigung.

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1 Kommentar

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  • EA
    Enzo Aduro

    Hm, so als politisches Statement kann man ein Importverbot ja diskutieren. Aber der Transport macht doch so einen Geringen Kostenanteil aus. Da wird das Kanadaöl eben weiter geschippert. Und dafür mehr Öl von woanders hier her. Im zweifel fahren die Öltanker mehr Umwege.

     

    Denn das die Kanadier auf Öl sitzen bleiben, glaubt ja wohl kaum einer. Und das Sie entscheidende Preisabschläge in kauf nehmen müssen kann ich mir auch nicht vorstellen.