Zukunft der Roten Flora: Die Stadt und die Pleite

Eigentümer Klausmartin Kretschmer befindet sich in wirtschaftlichen Turbulenzen, die auch Auswirkungen auf das autonome Zentrum haben könnten.

Kommt so bald nicht weg: Die Rote Flora bekommt im Mai 2007 unfreiwilligen Besuch von der Polizei. Bild: dpa

Aufmerksamkeit, aber keine Aufregung: So ließe sich beschreiben, wie die Leute von der Roten Flora auf die Lage des Klausmartin Kretschmer reagieren. Denn wirtschaftlich befindet sich der Eigentümer der Immobilie am Schulterblatt in schwerer See: Seine Brandshof GmbH steht unter Zwangsverwaltung, für die Riverkasematten GmbH ist die Zwangsversteigerung für Anfang Januar angesetzt, und auch Kretschmers Firma Vitruv soll sich nach taz-Informationen in Zwangsverwaltung befinden. Steht also auch Stress an für das autonome Zentrum?

Keine Auskunft

Kretschmer wollte am Freitag auf taz-Anfrage keine Auskunft zur Situation seines Firmen-Konstruktes geben. „Ich befinde mich gerade auf einer Baustelle und habe einen schlechten Empfang – schicken sie mir eine Mail“, sagte er. Das geschah, eine Antwort aber gab es nicht.

Nachdem Aktivisten 1989 erfolgreich verhindert haben, dass das Musical "Phantom der Oper" ins alte Flora-Theater einzieht, wird dessen Ruine im November besetzt: Es entsteht die Rote Flora.

Im März 2001 verkauft der rot-grüne Senat die Rote Flora für 370.000 Mark an Klausmartin Kretschmer - damit sie kein Wahlkampffutter für die CDU wird, die eine Räumung des "rechtsfreien Raums" fordert.

Im Frühjahr 2011 versucht Kretschmer die Stadt zum Rückkauf zu nötigen - für fünf Millionen Euro. Anonsten, droht er, werde die Immobilie für 19 Millionen Euro an eine US-Firma veräußert. Die Stadt ist jedoch nur bereit, den Verkehrswert von 1,2 Millionen Euro zu zahlen.

Die Rote Flora geht davon aus, dass auch sie von Auswirkungen der Kretschmer’schen Turbulenzen betroffen sein könnte. „Ein Zwangsverwalter, der Forderungen der Gläubiger zu erfüllen hat, kann auf die Idee kommen, Miete zu verlangen, obwohl wir rechtlich keine Miete zahlen müssen“, sagt Florian Frank von der Flora-Pressegruppe. Auch könnte so jemand die Flora besichtigen wollen – so wie einst die Hafenstraßen-Häuser: Deren Besichtigung habe die städtische Hafenrand GmbH Anfang der neunziger Jahre mit Polizeigewalt durchsetzen lassen.

Sogar eine Zwangsversteigerung wäre vorstellbar, sagt Frank: „Ein Bieter könnte sich incognito politisch profilieren wollen, wenn auch ökonomisch nichts zu holen ist.“ Er verweist auf den Fall eines Zentrums im dänischen Kopenhagen: „Das hat die Stadt versteigert und erst anschließend gemerkt, dass sie sich eine faschistische Sekte ins Nest gesetzt hat.“

Trotz bester Schanzenviertel-Lage mit Piazza-Anschluss – ökonomisch ist aus dem Flora-Areal kein Kapital zu schlagen: Nachdem Kretschmer im Frühjahr 2011 per Medienkampagne die Stadt zum Rückkauf des Objekts nötigen wollte (siehe Kasten), änderte der Bezirk Altona den Bebauungsplan – das Stadtteilzentrum muss in jedem Fall eines bleiben.

Für die Rotfloristen bleibt während all dessen die Stadt der politisch verantwortliche Kontrahent: „Die Rote Flora und der Status des Gebäudes bleiben für uns unverändert. Das Projekt ist besetzt und unverträglich“, heißt es in einer Erklärung des Plenums vom vergangenen Mittwoch. Die Zukunft werde „nicht verhandelt, sondern immer wieder neu erkämpft“.

„Unverändert im Konflikt“

Als man die Flora einst besetzt habe, sei das Gebäude eine Ruine ohne Vorder- und Rückwände gewesen und „selbst organisiert Stein für Stein wieder aufgebaut“ worden, so die Erklärung weiter. Das Plenum warnt „mögliche Investoren“ vor jedem Versuch, diese Wände „wieder einzureißen“: „Wir sehen uns unverändert in einem Konflikt mit der Stadt um die Frage der gesellschaftlichen Verhältnisse.“

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