Wohnblock-Versteigerung in Neukölln: Ein Investment mit Risiko
14 Häuser kommen unter den Hammer, schon wandeln Investoren durch die Höfe. Doch die organisierten Bewohner haben einen Grund zur Hoffnung.
Ihr Interesse bekundet hatte bislang lediglich die Berliner Immobilienfirma Dr. Hintze & Co., die sich bereits einen Teil des Blocks, der bislang im Besitz einer Erbengemeinschaft war, gesichert hat. Vollmundig hatte sie angekündigt, dass es schwierig werden dürfte, sie zu überbieten.
Auf Anfrage der taz hat nun das Amtsgericht mitgeteilt, dass „mindestens vier Bieter auftreten werden“. Ebenso viele Sicherheitsleistungen in Höhe von zehn Prozent des Schätzwertes sind bislang beim Gericht eingegangen. Die Zahl könnte bis zum Beginn der Versteigerung noch weiter steigen.
Auch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, die aus Sorge um ihre Chancen im Bieterverfahren nicht genannt werden will, steigt mit in den Ring. „Wir haben uns entschieden, beim ersten Versteigerungstermin mitzubieten“, erklärte eine Sprecherin gegenüber der taz.
Dunkle Anzüge im Hof
Für die Bewohner des Blocks im Reuterkiez ist das eine Nachricht, die Hoffnung macht. „Wir finden es toll, dass Politik und Wohnbaugesellschaft bereit waren, mit uns zu reden“, sagt Ursula Kurtz, die seit 16 Jahren in der Framstraße lebt. Überrascht über die Anzahl der Bieter ist sie nicht: „Zuletzt sind immer wieder Herren in dunklen Anzügen durch die Innenhöfe gewandert.“ Spöttisch fügt sie hinzu: „Wir sind begehrt.“
Aus Angst vor einer Erhöhung der Mieten, die derzeit noch bei etwa 4,30 Euro pro Quadratmeter und damit unter dem Mietspiegel liegen, haben sich die Mieter in der Initiative „Unser Block bleibt“ zusammengeschlossen. Viele von ihnen hätten den Komplex am liebsten selbst erworben, doch für einen solchen Schritt war die Zeit zu kurz. Erst vor vier Wochen haben die Bewohner zufällig von der Versteigerung erfahren.
Ob es letztlich für den kommunalen Bieter reicht, ist fraglich. Kurtz befürchtet, dass andere Bieter „ein Vielfaches in der Kasse haben.“ Im Fall des Verkaufs an einen Privatinvestor bleibt den Bewohnern nur die Hoffnung, dass der Bezirk die Möglichkeiten des Milieuschutzgebietes konsequent anwendet und Luxusmodernisierungen verbietet. Kurtz kritisiert, dass durch die Versteigerung das kommunale Vorkaufsrecht ausgehebelt ist: „Die Handlungsspielräume für Politik und Bewohner sind extrem eingeschränkt.“
Am Montag wollen viele Mieter im Gericht sein. Ihre Botschaft an potenzielle Käufer: „Euer Investment birgt mehr Risiko, als euch klar ist!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit