Winternotprogramm hat begonnen: Jetzt mit Konflikt-Entschärfung

Die Stadt startet ihr Programm für Obdachlose im Winter. Neu sind Schlafplätze für Hundebesitzer, eine Beratungsstelle für Osteuropäer und eine Deeskalations-Hotline.

Auf der Suche nach einem Schlafplatz: Obdachlose im Winter. Bild: dpa

Gestern hat die Stadt ihr Winternotprogramm für Obdachlose gestartet. Es stellt zwischen November und April kostenlose Schlafplätze zur Verfügung. "In Hamburg soll niemand auf der Straße übernachten müssen", sagte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) bei der Pressekonferenz zum Programmstart.

In einem ehemaligen Bürogebäude in der Spaldingstraße nahe des Hauptbahnhofs stehen 160 neue Übernachtungsplätze zur Verfügung, mit geschützten Räumen für Frauen sowie neu eingerichteten Schlafplätzen für Hundebesitzer. Darüber hinaus sind im gesamten Stadtgebiet 82 Wohncontainer verteilt. Laut Scheele gibt es somit etwa 50 Plätze mehr als im vergangenen Jahr.

Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei Hinz & Kunzt findet es sehr lobenswert, dass mit den Übernachtungsmöglichkeiten in der Spaldingstraße "eine Einrichtung im Innenstadtbereich" gefunden wurde. Er habe die Garantie des Senators, dass der Bunker unter dem Hauptbahnhof geschlossen bleibe: Nachdem es im letzten Winter zu wenig Schlafplätze für Obdachlose gegeben hatte, waren dort kurzerhand Schlafstätten eingerichtet worden. Allerdings unter "menschenunwürdigen Zuständen", so Karrenbauer. Der Bunker sei überfüllt und ohne ausreichend sanitäre Anlagen gewesen.

Erstmals wird in der Spaldingstraße auch eine Anlaufstelle für osteuropäische Obdachlose eingerichtet (taz berichtete). Nach der EU-Erweiterung sind verstärkt Menschen aus Osteuropa nach Deutschland gekommen, in der Hoffnung sich hier eine Existenz aufzubauen. "Oft scheitern sie und leben auf der Straße, ohne medizinische Hilfe oder Rechtsansprüche", sagt Karrenbauer. In der Spaldingstraße sollen gescheiterte ArbeitsmigrantInnen beraten und dabei unterstützt werden, in ihre Heimat zurückzukehren.

Für BürgerInnen und Institutionen, die sich von campierenden Obdachlosen gestört fühlen, wurde eine neue Telefon-Hotline eingerichtet - möglicherweise eine Folge des Streits, der um die Vertreibung der Obdachlosen unter der Kersten-Miles-Brücke auf St. Pauli entbrannt war. Mitglieder eines mobilen Deeskalationsteams würden die Schlafstätten der Obdachlosen aufsuchen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sagte Sozialsenator Scheele. So sollten Regeln für ein friedliches Zusammenleben erarbeitet werden. Die Sozialbehörde werde die Koordinierung übernehmen.

172 Obdachlose wurden im vergangenen Winternotprogramm dauerhaft in Wohnunterkünfte vermittelt.

Zahl der Obdachlosen in Hamburg bei der letzten Zählung 2009: 1.000.

Etwa drei Viertel von ihnen kommen den Winter über bei Bekannten oder der Familie unter.

Kosten pro Tag und Fall in der Spaldingstraße: 20 Euro.

Obdachlose Frauen können in Wohncontainern bei der Hochschule für Angewandte Wissenschaften schlafen.

Ein Container für Paare steht neben der Evangelischen Fachhochschule für Sozialpädagogik.

Cansu Özdemir, sozialpolitische Sprecherin der Linken in der Bürgerschaft, kritisierte das "jährliche Hin und Her" bei den Notunterkünften und Erfrierungsschutzräumen. Sie forderte "langfristige Perspektiven". Auch die FDP und die Grünen vermissen Strategien für einen ganzjährigen Umgang mit Obdach- und Wohnungslosen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.