Vorwurf der sexuellen Belästigung: Alles unter Kontrolle
Eine Sicherheitsbeamtin beschuldigt den Regisseur Claude Lanzmann, sie am Flughafen sexuell belästigt zu haben. Der Schöpfer von "Shoa" bestreitet das.
Den meisten Reisenden sind die Sicherheitsprozeduren am Flughafen Ben-Gurion nur lästig. Bei dem französischen Filmregisseur Claude Lanzmann haben sie einen offenbar nicht zu unterdrückenden Impuls ausgelöst, als er in der vergangenen Woche seine Heimreise antreten wollte.
Kaum hatte er die übliche Befragung nach dem Inhalt seines Gepäcks, nach eventuellen Bekanntschaften im Heiligen Land, seinem Terminkalender und Reiserouten erfolgreich hinter sich, griff er eine Sicherheitsbeamtin von hinten, umarmte und küsste sie gegen ihren Willen. So zumindest lautet die Beschwerde der jungen Frau.
Lanzmann selbst behautet, er habe die strikte Kontrolleurin mit der "Hand auf ihrer Schulter" freundlicher stimmen wollen. Sexuelle Absichten streitet er ab.
Der Polizei reichte die Aussage der Sicherheitsbeamtin, um den 86jährigen umgehend zu verhaften. "Wir haben nicht mehr dazu zu sagen, als dass Lanzmann vernommen wurde und nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß kam", kommentierte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Lanzmann trat unmittelbar nach der Entlassung seine Heimreise nach Paris an.
Gegen sadistisches Verhalten
Seit 1952 sei er unzählige Male in Israel gewesen, schreibt Lanzmann am Montag in der Online-Ausgabe der Haaretz. "Ich kenne die Sicherheitsmaßnahmen nur zu gut." Die fragliche Beamtin hätte übertrieben und sich "sadistisch verhalten" ohne Rücksicht auf sein Alter. Lanzmann, der mit seinem Produzenten und einem Assistenten unterwegs war, habe mehrmals das Gepäck öffnen müssen.
Als die Beamtin die Gruppe schließlich "mit bitterem Gesicht" bis zum "Check-in" begleitete, "habe ich sie angelächelt in der Hoffnung, sie würde zurücklächeln", was nicht passierte. Daraufhin habe er ihr die Hand auf die Schulter gelegt und seinen Freunden ironisch gesagt, "seht mal, wie charmant sie ist".
Der jüdische Regisseur hatte sich 1985 mit seinem neunstündigen Dokumentarfilm "Shoa" einen Namen gemacht, der nichts anderes zeigt, als Interviews mit Überlebenden der Judenverfolgung und mit Tätern. Vor einer Verhaftung und der Abnahme seiner Fingerabdrücke schützte ihn indes auch sein internationaler Bekanntheitsgrad nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“