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Vorwürfe gegen FranziskusPriester entlastet Papst

Franz Jalics hat für das Ansehen von Papst Franziskus einiges getan: Dieser stehe nicht hinter Jalics Entführung in der argentinischen Militärdiktatur.

Könnte auch ein Engel sein: Franz Jalics. Bild: dpa

Franz Jalics fühlt sich nicht wohl in diesem Sturm, in den er hineingeraten ist, 37 Jahre nach jener fünf Monate andauernden Entführung durch die argentinische Militärdiktatur, die sein Leben prägte und von der manche sagen, Jorge Bergoglio, der neue Papst, habe dahintergestanden. Jalics’ damals ebenfalls entführter Mitbruder Orlando Yorio ist vor 13 Jahren gestorben. Jalics steht allein da. Was er sagt, entscheidet über das Ansehen von Papst Franziskus.

Jalics, 1927 in Budapest geboren, ging zunächst zum Militär, brach im kommunistischen Ungarn jedoch die Offizierslaufbahn ab, schloss sich dem Jesuitenorden an und verließ das Land. Er studierte Philosophie in Deutschland und Belgien, 1956 schickten ihn die Jesuiten nach Chile, ein Jahr später nach Argentinien. Dort wurde er 1959 zum Priester geweiht, lehrte 14 Jahre lang Dogmatik und Fundamentaltheologie.

Anfang der 70er Jahre, als sich die Katholische Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil stärker auf die Armen ausrichtete, lebte Jalics zusammen mit Yorio in einem Elendsviertel von Buenos Aires. Wie alle, die mit den Armen arbeiteten, wurde auch er als „zurdo“ verdächtigt, als Linksradikaler. Zwei Monate nach dem Putsch vom März 1976 wurden sie entführt. Die Erfahrung überforderte Jalics politisch und menschlich, das kann man aus seinen späteren Schilderungen herauslesen.

In der Gefangenschaft begann er zu meditieren. Zwei Jahre nach seiner Freilassung siedelte er sich wieder in Deutschland an. Sein 1994 erschienenes Buch „Kontemplative Exerzitien. Eine Einführung in die kontemplative Lebenshaltung und in das Jesusgebet“ wurde ein Weltbestseller der Gebetsliteratur.

Den unzähligen Journalistenanfragen, die seit der Wahl Jorge Bergoglios zum Papst auf ihn einstürmen, hat sich Jalics entzogen. Er sei im Urlaub, wolle darüber nicht mehr sprechen und sei mit Bergoglio im Reinen, ließ er zunächst den Pressesprecher des Hauses Gries erklären, des jesuitischen Meditationshauses in Oberfranken, wo Jalics lebt. Am Freitag letzter Woche schrieb er dann doch etwas: „Ich kann keine Stellung zur Rolle von P. Bergoglio in diesen Vorgängen nehmen“, hieß es. Das schürte mehr den Verdacht, der neue Papst habe mit der Entführung zu tun gehabt, als ihn zu entkräften.

Jetzt hat Jalics ihn kategorisch freigesprochen. Ein großer Dienst für den ersten Papst des Jesuitenordens.

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4 Kommentare

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  • M
    mr.spock

    Ich bin WEIT davon entfernt ein Katholik zu sein, aber der Herr Bergoglio gefällt mir sehr! Ich hoffe, sie werden ihn nicht rausmobben... Alles Gute, mein Bester!

  • F
    F.W.Siebert

    F.W.Siebert

    21335 Lüneburg

    Durch einige Presseartikel beeinflusst neigte ich selber der Meinung zu, der neue katholische „Papa“ aus Argentinien habe zu enge Verbindungen zu der mörderischen argentinischen Militärjunta besessen u. sogar „Mitbrüder "ans Messer" geliefert. . Ich tendiere inzwischen eher zu der Meinung, dass er kein heldenhafter Kämpfer gegen die Diktatur war aber die Vorwürfe einer direkten Komplizenschaft wohl auch zu hart sind. Mit seiner Indifferenz gegenüber der verbrecherischen Militärdiktatur reiht er sich ein in die Schar der Millionen Fußballfans, die nichts Anstößiges darin sehen konnten, dass bei den Fußballweltmeisterschaften 1978 in Argentinien ausgelassen im Stadion gekickt wurde, während in unmittelbarer Nachbarschaft die Schergen des Regimes vorwiegend junge Gegner der Diktatur quälten und zu Tode folterten. Der verzweifelte Aufschrei von Amnesty International: „Fußball ja, Folter nein! „ verhallte damals nicht nur bei einer großen Zahl deutscher Politiker und Kirchenleute .

    Doch ist es christlichem wie jüdischem Selbstverständnis eigen, dass der Mensch den rechten Weg verfehlen und sündigen kann , ihm aber die Chance zu Reue und Umkehr offensteht. Ja Umkehr ist sogar ein zentraler Begriff jüdisch-christlicher Tadition. Eine Textstelle unter vielen für die christliche Glaubenshaltung: Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Busse tut, vor neunundneunzig Gerechten, die der Busse nicht bedürfen ( Lukas 15, 7, nach der deutschen Übers.Martin Luthers ). Die talmudische Tradition( neben.der hebräischen Bibel eine der Säulen des Judentums ) sieht in dem reuigen Sünder den „Meister der Umkehr“. Dieser „ist ein Mann, der sich nicht schämt, gesündigt zu haben, und der stolz darauf ist, dass er es fertiggebracht hat, umzukehren“ ( Erich Fromm: Ihr werdet sein wie Gott, rororo März 1983 S.138 f ). .

    Die sprichwörtlich gewordene Wende des Saulus zum Paulus , der vor seiner Namensänderung sich nicht nur über den Tod des Widerständlers und Märtyrers Stephanus freute, sondern aktiv dafür sorgte, dass Dutzende Männer und Frauen der frühchristlichen Sekte in einem der Folterkeller ihrer palästinischen Heimat landeten ( Apostelgeschichte 8,1-3 ), lässt die Vorwürfe gegen den neuen Mann an der Spitze des Weltkonzern Katholische Kirche, blass aussehen. Und ohne Paulus wäre nach seiner Umkehr aus der kleinen Gruppe der jüdischen Jesusanhänger wohl nie eine christliche Kirche entstanden!

    Also erfüllt auch der Argentinier Bergoglio alle Voraussetzungen zum „Meister der Umkehr“zu werden, wenn er mit seinem neuen Namen Franziskus als Papst in den Fußstapfen des Franz von Assisi pilgert. Auf diesem Pilgerweg wünsche ich ihm alles Gute.

  • C
    Ciao

    In der Print-taz stand heute die Überschrift "Franz schützt Franziskus". Das ist eine ziemlich wertende Überschrift für den Vorgang, nicht? Sie transportiert den Verdacht,... - man muss ihn ja gar nicht mehr aussprechen.

     

    Was ist das eigentlich für ein Journalismus, der den Leser nicht selbst denkenen lassen will, der ihm ein Urteil über jemanden aufdrücken will? Überhaupt: Selbstgerechtikgeit, Kampagnen, der Wunsch, dass alle dasselbe denken - ich dachte, dass wären Merkmale der BILD.

     

    Ich brauche eine Pause von der taz. Das macht dann eine katholische Leserin weniger, d.h. Euch macht das nichts, und ich hab mehr Zeit für Bücher.

  • KK
    Karl K

    Ein großer Dienst für den ersten Papst des Jesuitenordens.

     

    Schöner kann man es nicht sagen.

    Und nun frisch ans Werk.