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Untersuchungsausschuss zur NSAOpposition will Snowden laden

Der NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag startet mit dem zentralen Streitpunkt: Soll Edward Snowden befragt werden? Und wenn ja, wie?

Auch dort interessiert man sich für den Ausschuss: NSA-Datacenter in Utah. Bild: ap

BERLIN taz | Gleich im ersten Antrag „A1“ soll es um den Mann gehen, der den größten Geheimdienstskandal der jüngeren Geschichte ans Licht gebracht hat: In der konstituierenden Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag am heutigen Donnerstag wollen die Vertreter von Grünen und Linkspartei gemeinsam die „Vernehmung von Edward J. Snowden“ als Zeugen beantragen. „Wer Snowden nicht als wichtigen Zeugen ansieht, der will nicht aufklären“, argumentierte der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele.

Mit ihren zwei Stimmen können die Vertreter von Grünen und Linkspartei in dem Gremium auch ohne Zustimmung der sechs Koalitionsvertreter Beweisanträge durchbringen. Dass heißt aber nicht, dass die Bundesregierung den Zeugen auch einreisen lässt.

Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) ließ bereits erkennen, dass er nichts vom Plan der Opposition hält. Es gehe nicht darum, wer „der medial spektakulärste Zeuge ist“, mahnte Binninger. Entscheidend sei, wer zur Aufklärung beitrage.

„Deshalb bin ich skeptisch, was den Zeugen Snowden angeht“, sagte der CDU-Politiker. Der im russischen Exil lebende Ex-NSA-Mitarbeiter habe schließlich selbst gesagt, dass er über kein Wissen mehr verfüge, sondern alle Informationen an andere weitergegeben habe.

Keine Antwort aus Washington

Verhalten äußerte sich auch der SPD-Obmann im Ausschuss. Snowden sei „eine Schlüsselfigur“, sagte Christian Flisek, deshalb komme er „natürlich als Zeuge in Betracht“. Entscheidend sei aber, in welcher Form man ihn befrage. „Wir sind dafür, zunächst in Ruhe mit seinem Anwalt zu besprechen, wie eine sinnvolle Einbindung möglich wäre.“ Oberstes Ziel müsse dabei sein: „Er darf nicht in Gefahr geraten.“

Die Opposition will am Donnerstag zudem die Vernehmung jener Minister und Behördenchefs beantragen, die seit dem Auffliegen des NSA-Skandals im Juni 2013 in die USA reisten und dort US-Vertreter um Informationen ersuchten: Exbundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Exkanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) sowie BND-Chef Gerhard Schindler und Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Die Obfrau der Linksfraktion, Martina Renner, kündigte außerdem an, den amtierenden Außenminister Frank-Walter Steinmeier als „zentralen Zeugen“ im Ausschuss hören zu wollen.

Insgesamt dürfte der NSA-Untersuchungsausschuss ein Mammutprojekt werden. Der Vorsitzende Binninger rechnet damit, dass das Gremium mindestens zwei Jahre für die Aufklärungsarbeit braucht. Er schlug vor, bis zur Sommerpause zunächst Sachverständige zu rechtlichen und technischen Hintergründen anzuhören. Unklar ist, ob die Abgeordneten überhaupt Material aus den USA und Großbritannien erhalten werden.

Die Bundesregierung räumte gerade auf Nachfrage der Linksfraktion ein: Washington habe bis heute mit keiner Zeile auf drei schriftliche Fragenkataloge zur NSA-Affäre geantwortet.

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5 Kommentare

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  • Was die Aufklärungsarbeit des NSA-Untersuchungsausschusses anbelangt, sind etliche der angesprochenen Fragen wohl rein rhetorischer Natur: die massenhafte, illegale Ausspähungen einerseits sowie die Willfährigkeit, Naivität und Heuchelei deutscher Regierungen ( ich nenne nur Friedrich, Pofalla, Anpassung G10-Gesetz) andererseits sind grundsätzlich ja kaum noch in Zweifel zu ziehen. Wichtiger ist der dritte Untersuchungsauftrag: ausgehend von der Tatsache, dass mittlerweile zur Spionage und Überwachung alle verfügbaren technischen Mittel flächendeckend und umfassend eingesetzt werden müssen endlich transparente und verbindliche gesetzliche Regeln beschlossen und moralische Regeln anerkannt werden, die den Menschen- und Freiheitsrechten wieder absoluten Vorrang einräumen und den sicherheitsbedingten Maßnahmen enge, richterlich und parlamentarisch überwachte Grenzen setzten. Dies auch international durchzusetzen ist dann der nächste Schritt. Um hier den notwendigen Druck auszuüben, sollten m.E. zumindest im Bereich der öffentlichen Dienste IT-Produkte, "sogenannte" IT-Sicherheitslösungen und IT-Dienstleistungen aus Ländern wie den Five Eyes gemieden werden. Wirtschaftlicher Druck ist die Sprache, die in diesen Ländern verstanden wird. Zudem ist es unausweichlich, dass sämtliche Spionageeinrichtungen anderer Länder auf deutschem Boden abzuschalten sind. Letztere beiden Punkte können und sollten sofort angegangen werden. Da die gesamte Thematik aber erfahrungsgemäß viel Zeit brauchen wird, zur Überbrückung und weiteren Sensibilisierung mein Tip: Hören Sie mal an, was Sigismund Ruestig dazu auf YouTube zu sagen bzw. zu Singen hat.

    Sigismund Ruestig

  • PH
    Peter Haller

    Vielleicht könnte man Snowden ja in die Charitee einladen und ihm die Bandscheiben richten und dann so nebenbei befragen.

    Denn das geht doch immer, da setzt sich dann auch Mutti persönlich für ein !

  • Farce!

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    "Die Bundesregierung räumte gerade auf Nachfrage der Linksfraktion ein: Washington habe bis heute mit keiner Zeile auf drei schriftliche Fragenkataloge zur NSA-Affäre geantwortet."

     

    Aha. Soso. Da muss die Linkspartei erst einmal nachfragen, damit die Regierung, die immer noch aus CDU/CSU und SPD besteht, dies einräumt.

     

    Demokratie am A***h, wenn wir von Parteien regiert werden, denen das offensichtlich piepegal ist. 1984 und Brave New World sind die Vorlagen, nach denen die Welt derzeit umgebaut wird - das ist der Mist. Dystopien als Regelwerke!

  • Wie Herr Dr. Gysi der Öffentlichkeit mitteilte, gilt das Besatzungsstatut noch. Wer sich gerne mal die damit vebundenen Rechte der Alliierten antun möchte und den Überleitungsvertrag, die SHAEF-Gesetzte, die Ausnahmen zum 2+4 Vertrag etc. studiert, dem stehen die Haare zu Berge. Beispiel: In Artikel 2 und 4 des "Übereinkommens zur Regelung bestimmter Fragen in Bezug auf Berlin" vom 25.09.1990 (BGBl. 1990 II S. 1274) ist unmißverständlich aufgeführt, daß "... alle Rechte und Verpflichtungen der alliierten Behörden weitergelten, die in oder in Bezug auf Berlin erlassen wurden." Es geht geht jedenfalls deutlich daraus hervor, daß die USA das Recht hätten, einen hier in einreisenden Herrn Snowden vom Flugzeug weg sofort einzuknasten, ohne daß wir ein einziges Wort an ihn richten könnten. Ich kann Herrn Snowden nur den wohlgemeinten Rat geben, keinesfalls nach Deutschland zu kommen. Viel zu gefährlich für ihn. Ein Untersuchungsausschuß könnte ja auch ein paar Leute nach Russland zur Befragung schicken.