Top Ten der Steuerparadiese: Deutschland im Netz der Geldwäscher
Laxe Kontrollen und Steuerfreiheit - eine Studie reiht die Bundesrepublik in die Top 10 der Steueroasen ein. Auch die OECD fordert mehr Transparenz.
BERLIN taz | Deutschland ist ein maßgeblicher Spieler im globalen Netz der Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Das geht aus dem neuen Schattenfinanzindex des internationalen "Netzwerks für Steuergerechtigkeit" hervor. Die unabhängige Organisation setzt sich dafür ein, Steuerhinterziehung international zu bekämpfen sowie die Transparenz auf den internationalen Finanzmärkten zu verbessern.
In einem Vergleich der 73 wichtigsten Finanzplätze nimmt die Bundesrepublik Platz 9 der Länder ein, die durch Geheimhaltung, laxe Kontrollen und steuerliche Anreize Steuerhinterziehung auf internationaler Ebene begünstigen.
Angeführt wird die Rangliste der Schattenfinanzzentren von der Schweiz, den Kaimaninseln und Luxemburg. Mit seiner Platzierung als Steuerparadies für internationale Kapitalanleger schlägt Deutschland einschlägig bekannte Länder wie Liechtenstein (Platz 34), die Bermuda Inseln (12) und die Seychellen (55).
Für jedes Land, das in dem Ranking vertreten ist, haben die Autoren der Studie den Grad der Geheimhaltung bei Finanzgeschäften sowie dessen Anteil am Weltmarkt für Finanzdienstleistungen ermittelt. Ausschlaggebend für die Platzierung eines Landes ist der Geheimhaltungswert eines Finanzplatzes.
"Geheimhaltung ist das wichtigste Instrument, um Kapital und Steuerflucht zu begünstigen", sagte Markus Meinzer, Koautor der Studie. Dazu zählen etwa Praktiken wie das Bankgeheimnis, die Verschleierung von Eigentümerstrukturen sowie Behörden, die sich weigern, mit anderen Ländern zu kooperieren.
Vor allem bei grenzüberschreitenden Bankgeschäften nimmt die Bundesrepublik weltweit eine maßgeblich Rolle ein. Etwa 1,3 Billionen Euro sollen im Ausland Ansässige in Deutschland angelegt haben.
Einladung zur Geldwäsche
Bei diesen Geschäften werden im großen Umfang auch illegale Gelder verschoben: Bis zu 1,6 Billionen US-Dollar Schwarzgeld fließen jährlich überwiegend in sichere Anlageländer nach Europa und die USA, hat die Weltbank errechnet. Die Hälfte davon stamme aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Diesen Staaten würden so jährlich etwa 250 Milliarden US-Dollar Steuereinnahmen entgehen, schätzt das Netzwerk für Steuergerechtigkeit.
"Geldanlagen, die von außerhalb der EU nach Deutschland fließen, müssen hier weder gemeldet noch besteuert werden", sagte Meinzer. Zudem verzichte Deutschland darauf, dass deutsche Finanzbehörden über die so erzielten Einkünfte wie Zinszahlungen Informationen erhalten müssten. "Das ist eine Einladung zur internationalen Geldwäsche und Steuerhinterziehung", sagte Meinzer.
Das Bundesfinanzministerium weist die Bewertung Deutschlands als Top-Steueroase zurück. "Deutschland erfüllt die OECD-Kriterien für Transparenz und effektiven Informationsaustausch", teilte Ministeriumssprecherin Silke Bruns auf taz-Anfrage mit.
Kritik von der OECD
In diesem Verfahren werden Informationen allerdings nur im Fall eines konkreten Verdachts zwischen Steuerbehörden ausgetauscht. Ein automatisiertes Meldesystem gibt es nur für Zinszahlungen innerhalb der Europäischen Union.
Mittlerweile fordert auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von Deutschland, bei der Transparenz seines Finanzsektors nachzubessern. Deutsche Behörden hätten etwa zu wenige Befugnisse, um die realen Eigentümer von Aktien in Erfahrung zu bringen, kritisierte die OECD jüngst. Zudem hapere es bei der internationalen Zusammenarbeit: Nur 12 Prozent aller Anfragen von ausländischen Steuerbehörden würden innerhalb von drei Monaten beantwortet.
Dass Deutschland das Problem nicht allein lösen kann, wissen aber auch die Experten vom "Netzwerk für Steuergerechtigkeit". Fast die Hälfte der Top-20-Steueroasen liegt in der Europäischen Union. "Die EU trägt einen maßgeblichen Teil der Verantwortung dafür, das Problem der Schattenfinanzzentren zu lösen", fordert Nick Shaxson vom internationalen Arm des "Tax Justice Network".
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